Nach EuGH-Urteil: Jede Afghanin hat in Europa Recht auf Asyl

Frauen in Burka in Afghanistan
Ob die Frauen verfolgt werden, muss gar nicht mehr individuell geprüft werden. Ein Urteil mit weitreichenden Folgen: Menschenschmuggler könnten nun vermehrt Afghaninnen nach Europa schleppen.

Schlimmere Lebensumstände sind kaum denkbar: Frauen in Afghanistan werden zwangsverheiratet, sind brutaler Gewalt unterworfen, dürfen kaum noch Schulen besuchen, haben keine Rechtsmittel, müssen Burka tragen und dürfen neuerdings in der Öffentlichkeit nur noch flüstern. So schlimm seien diese diskriminierenden Maßnahmen, die die herrschenden Taliban seit Sommer 2021 durchgesetzt haben, dass sie vom Europäischen Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) in Summe als „Verfolgungshandlungen“ eingestuft werden.

Das bedeutet: Alle Afghaninnen haben in Europa das Recht auf Asyl - eine individuelle Prüfung ist dafür nicht mehr notwendig. Zu diesem so genannten Vorabentscheidungsurteil kam der EuGH in der Vorwoche. Ein Urteil mit weitreichenden Folgen. Seit vergangenem Freitag ist dieses Urteil in jedem EU-Staat gültig, auch österreichische Gerichte dürfen Afghaninnen Asyl nicht mehr verweigern. Einzig nachzuweisen ist, dass die Frauen in Afghanistan gelebt haben.

Unausweichlicher Pull-Effekt

„Überspitzt formuliert könnte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bei uns jeden Antrag auf Asyl afghanischer Frauen, sobald sie nachgeprüft haben, ob die wirklich aus Afghanistan kommen und Frauen sind, gleich den Bescheid ausstellen. Das klappt innerhalb weniger Stunden“, sagt Europarechtsexperte Walter Obwexer. Und dabei handle es sich nicht nur um subsidiären Schutz, sondern um Asyl.

Das Innenministerium in Wien weist dies allerdings zurück: „Das Urteil schließt Einzelfallprüfungen nicht aus. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird deshalb auch weiterhin mit Einzelfallprüfungen vorgehen“, betonte ein Sprecher des Ministeriums.