Welchen Effekt das EuGH-Urteil haben könnte – ob es einen Pullfaktor darstellt und ob künftig auch mit vermehrtem Familiennachzug zu rechnen sei – ist noch schwierig einzuschätzen. Dem Vernehmen nach geht man im Ministerium aber nicht von gröberen Veränderungen aus.
Signalwirkung
Das sagt auch Lukas Gahleitner-Gertz von der Asylkoordination im KURIER-Gespräch. Frauen aus Afghanistan würden schon jetzt zum überwiegenden Teil einen Asyl- und nicht bloß einen subsidiären Schutzstatus bekommen.
Mit Stand Ende August 2024 gab es laut BFA-Statistik 518 afghanische Frauen mit positivem Asylbescheid und nur 73 mit einem negativen. Bei den afghanischen Männern war das Verhältnis 650 zu 804.
Die Behördenpraxis ist das eine – aber sendet die Nachricht über das EuGH-Urteil jetzt ein Signal aus, das vermehrt Frauen dazu ermutigt, die Flucht nach Europa zu wagen?
Auch das glaubt Gahleitner-Gertz nicht. In Finnland, Schweden und Dänemark gelte schon seit Anfang 2023, dass Frauen aus Afghanistan automatisch asylberechtigt seien. „Diese Nachricht wurde damals auch groß berichtet und hat keinen Run ausgelöst“, sagt der Asylexperte.
Kürzere Verfahren
Der einzige Effekt, den das EuGH-Urteil haben werde, sei, dass Verfahren abgekürzt werden. „Weil man sich die Prüfung der individuellen Fluchtgründe spart.“ Ähnlich sei das Prozedere derzeit bei Vertriebenen aus der Ukraine – sie erhalten in einem einfacheren Verfahren einen Aufenthaltstitel.
Seit der Machtübernahme der Taliban galt, dass grundsätzlich nicht nach Afghanistan abgeschoben wird. Ende August hat Deutschland dann in einem ersten Vorstoß 28 männliche Straftäter nach Kabul geflogen. Und auch Österreichs Innenminister Karner setzt sich dafür ein, wieder Abschiebungen durchführen zu dürfen. Frauen und Kinder sollen ausgenommen sein.
Kommentare