Es ist – in EU-Dimensionen – eher ein Trinkgeld, das in diesen Tagen von Brüssel auf die Konten der ungarischen Regierung überwiesen wird: 900 Millionen Euro für neue Erdgas-Leitungen. Damit soll die Abhängigkeit Ungarns vom russischen Erdgas reduziert werden.
Eine freundliche Geste zu einem – so vermuten Beobachter in Brüssel – nicht ganz zufälligen Zeitpunkt. In drei Wochen kommen die EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel zusammen, um der Ukraine den Weg für Beitrittsverhandlungen mit der EU freizumachen und 50 Milliarden Euro an neuen Hilfsgeldern für Kiew auf den Weg zu bringen.
Wenn nicht Viktor Orbán im Weg stehen würde. Der ungarische Regierungschef hat erst vor wenigen Tagen der EU-Spitze per Brief ausrichten lassen, dass er erst eine grundlegende „strategische Debatte“ führen wolle, bevor er den Plänen zustimmen könne.
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Diskutieren will er generell über den Krieg gegen Russland, die Sanktionspolitik Europas und die Folgen eines Beitritts der Ukraine zur EU.
Ungarn hat gute Karten. Für Entscheidungen, die die Erweiterung, aber auch das langfristige EU-Budget betreffen – und aus dem stammt eben die Ukraine-Hilfe – braucht es Einstimmigkeit der EU-Mitgliedsländer.
Orbán hat daher ein Vetorecht. Zwar hat EU-Kommissar Johannes Hahn im KURIER klar gemacht, dass man sich von Budapest „nicht erpressen“ lasse und andere Wege finden werde, um das Geld aufzubringen, doch das ist langwierig.
Ratspräsident bei Orbán
Also reiste EU-Ratspräsident Charles Michel am Montag nach Budapest, um einen Kompromiss auszuloten.
„Souveränitätsschutz“
In Ungarn selbst zieht die national-konservative FIDESZ-Regierung die Daumenschrauben für politische Gegner weiter an. Dem Parlament wurde in der Vorwoche der Entwurf für ein „Souveränitätsschutz-Gesetz“ vorgelegt.
Das soll verhindern, dass vom Ausland kommende Spenden die ungarischen Wahlen beeinflussen. Anlass für das neue, extrem verschärfte Gesetz sind Vorwürfe aus dem Regierungslager gegen Oppositionspolitiker, sie oder ihre Wahlkampagnen seien aus dem Ausland finanziert.
Bisher hatten etwa Exil-Ungarn in den USA kleinere Spenden an Oppositionspolitiker in Ungarn überwiesen. Damit soll nun Schluss sein. Im schlimmsten Fall stehen für die Annahme auch kleinster Wahlkampfspenden aus dem Ausland bis zu drei Jahre Haft.
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