EU-Kommissar befürchtet Massenmigration in den Norden

epa03489233 European Commissioner for Employment, Social Affairs and Inclusion Laszlo Andor speaks during a joint news conference on Single Market Integration Report with European Commissioner for Taxation and Customs Union, Audit and Anti-Fraud, Lithuanian Algidras Semeta (not pictured), at the European Commission headquarters, in Brussels, Belgium, 28 November 2012. EPA/JULIEN WARNAND
Andor warnt vor einem Auseinanderdriften der Währungsunion: "Sparen schafft kein Wachstum".

EU-Sozialkommissar Laszlo Andor hat die deutsche Bundesregierung zu einem radikalen Kurswechsel in der Euro-Krise aufgefordert. "Sparen allein schafft kein Wachstum. Dazu braucht es zusätzliche Investitionen und Nachfrage", sagte Andor der Süddeutschen Zeitung (Montagausgabe). Schwächelnde Volkswirtschaften wie Spanien, Italien oder Frankreich müssten mehr Zeit bekommen, ihre Defizite zu reduzieren. "Wachstum lässt sich anregen, wenn Länder mehr Zeit zur Defizitsenkung bekommen, damit sie mehr investieren können", sagte Andor. "Wenn man kein Wachstum zulässt, sehe ich nicht, wie der Schuldenstand sinken soll."

Massenmigration befürchtet

Andor äußerte zudem die Befürchtung, dass es eine Massenmigration vom Süden der EU in den Norden geben könnte, wenn sich die Situation nicht verbessert. "Manche Leute vergleichen die Situation mit Amerika im 19. Jahrhundert, als es nach dem Bürgerkrieg eine Massenmigration vom Süden in den prosperierenden Norden gab. Um das zu vermeiden ist es nötig, in den Krisenstaaten Wachstum zu schaffen", sagte Andor. Zugleich warnte er die deutsche Bundesregierung, die Zuwanderung von Armutsflüchtlingen zu dramatisieren.

Deutsches Lohndumping?

Vom deutschen Modell, Wettbewerbsfähigkeit im Exportgeschäft durch moderate Löhne zu erkaufen, riet Andor ab. Vielmehr sollten die heimische Nachfrage durch höhere Löhne angeregt und auf breiter Basis Mindestlöhne eingeführt werden. Belgien und Frankreich beschwerten sich schon über deutsches Lohndumping. "Angesichts der hohen Exportüberschüsse ist es überhaupt nicht zu rechtfertigen, dass die Deutschen diesen Lohnwettbewerb beibehalten", sagte der Kommissar. In der Eurozone müssten auch die Überschussländer ihre Politik ändern, nicht nur die Krisenstaaten. "Wenn nicht, driftet die Währungsunion auseinander. Der Zusammenhalt ist schon halb verloren."

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