EU-Gipfel: Mehr Schutz für Außengrenzen, aber keine Zauberformel

EU-Gipfel: Mehr Schutz für Außengrenzen, aber keine Zauberformel
Beim Migration-Sondergipfel wollte Kanzler Nehammer nicht wieder "Worthülsen" hören. "Konkrete" Maßnahmen zeichneten sich schließlich ab.

Seit sieben Jahren, seit der großen Flüchtlingskrise des Jahres 2015, dreht sich die Diskussion im Kreis – und Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) will sich nicht mehr mitdrehen. "Das Phänomen von irregulärer Migration ist im vollen Umfang wieder zurück, und es braucht Maßnahmen dagegen, die auch tatsächlich wirken", forderte der Kanzler vor Beginn des EU-Sondergipfels am Donnerstag in Brüssel.

330.000 illegale Grenzübertritte hat die EU im Vorjahr registriert. 108.000 Ankünfte hat davon allein Österreich gemeldet – aus Sicht der österreichischen Regierung also höchste Zeit, in Brüssel Alarm zu schlagen, und endlich "konkrete" Gegenschritte einzufordern.

Ein EU-Sondergipfel wurde für Donnerstag einberäumt. Und Nehammer polterte gleich vorneweg: Sollten auch dieses Mal nur "Worthülsen" zu vernehmen sein, werde er die gemeinsame Gipfelerklärung der EU-Staats- und Regierungschefs blockieren.

Den ganzen Tag feilten EU-Diplomaten deshalb eiligst darum, wie den Forderungen Nehammers, aber auch einer ganzen Reihe, in der Migrationsfrage verbündeter Staaten entsprochen werden könnte. Und ein Kompromiss zeichnete sich ab.

EU-Gipfel: Mehr Schutz für Außengrenzen, aber keine Zauberformel

Kanzler Nehammer (ÖVP) droht, die gemeinsame Gipfelerklärung der EU-Staats- und Regierungschefs zu blockieren.

Da ging es wieder einmal um den Außengrenzschutz der EU. Darauf können sich alle 27 EU-Staaten problemlos einigen. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex wird mehr Geld erhalten und soll mehr Rückführungen abgewiesener Asylwerber vornehmen. Libyens Küstenwache, die Migranten noch in Nordafrika davon abhalten soll, in die Boote übers Mittelmeer zu steigen, wird mehr Patrouillenboote erhalten.

Die große Zaun-Frage

Und da war schließlich noch die "Grenzinfrastruktur", die ausgeweitet werden und damit verhindern soll, dass Migranten die EU-Außengrenzen, etwa von der Türkei nach Bulgarien, in größeren Zahlen überwinden.

Gemeint sind Videoüberwachungen, Drohnen, Befestigungen. 6,5 Milliarden Euro stehen in der EU dafür zur Verfügung. "Ob dann die einen dazu Zaun sagen, die anderen technische Infrastruktur", sei egal, meinte Nehammer. Entscheidend sei vielmehr, dass mehr Geldmittel seitens der EU zur Verfügung stünden. Die EU-Kommission habe sich in dieser Frage bewegt, miente der Kanzler, vom ihrem früheren Nein sei sie abgewichen.

BELGIUM-EU-UKRAINE-SUMMIT-POLITICS-DIPLOMACY-CONFLICT-WAR

Italiens Staatschefin Giogria Meloni ist bei der Zaun-Frage auf Nehammers Seite.

Unterstützung erhielt der Kanzler dabei auch aus den Niederlanden, Griechenland, Litauen, aber auch aus Italien. Luxemburgs liberaler Premier Xavier Bettel hielt wie meist dagegen: "Es wäre eine Schande, wenn eine Mauer in Europa gebaut würde mit den europäischen Sternen drauf."

Hitzige Debatten wurden in Brüssel erwartet. Denn wo die einen Staaten – wie etwa Österreich – darauf pochen, dass alle ankommenden Flüchtlinge und Migranten registriert werden, winken andere – wie Ungarn – viele einfach durch. Oder wo Staaten wie Italien und Griechenland verlangen, dass die Asylsuchenden in Europa gerecht verteilt werden, legen sich andere wie Österreich quer.

"Alle Regeln gäbe es ja", meinte ein hoher EU-Diplomat mit einem Hauch Verzweiflung in der Stimme, "und wenn sich alle Staaten daran halten würden, hätten wir keine Migrationskrise." So aber hakt es an allen Enden der europäischen Migrationspolitik, und neue Regeln müssen auf den Tisch.

Mehr Druck auf Drittstaaten

Da wären etwa mehr Abkommen zwischen der EU und den Herkunftsländern der Migranten. 18 davon gibt es bereits – doch nicht immer funktionieren sie. So weigern sich etwa immer wieder Staaten, ihre in Europa abgewiesenen Bürger wieder zurückzunehmen. Damit soll jetzt endgültig Schluss sein, fordert eine Acht-Staaten-Allianz, der auch Österreich angehört: Viel mehr Druck auf diese Staaten soll gemacht werden – entweder durch Einbremsen der Entwicklungshilfe, der Visa oder Wirtschaftsförderung.

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