EU-Kommission beschließt Wiederaufbauplan von 750 Milliarden Euro

EU-Kommission beschließt Wiederaufbauplan von 750 Milliarden Euro
Zur wirtschaftlichen Erholung Europas sollen 750 Milliarden mobilisiert werden - ein Großteil geht an Italien und Spanien.

EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni verkündete es am Mittwoch via Twitter: Die EU-Kommission schlägt einen Wiederaufbaufonds in Höhe von 750 Milliarden Euro vor. Gentiloni sprach von einem „europäischen Wendepunkt“, um eine Krise ohne Beispiel zu bewältigen. Die Hilfen würden zu den bereits eingeführten gemeinsamen Instrumenten hinzugefügt.

Wie die Deutsche Presse Agentur vorab meldete, sollen 500 Milliarden Euro als nicht rückzahlbare Zuwendungen und 250 Milliarden Euro als Kredite fließen. Dafür sollen im Namen der Europäischen Union über Anleihen Kredite am Kapitalmarkt aufgenommen und über Jahrzehnte gemeinsam getilgt werden.

EU: 750 Milliarden-Plan gegen die Corona-Krise

Großteil geht an Italien und Spanien

Der Großteil der Hilfen soll an die beiden Corona-Krisenländer Italien und Spanien gehen. Demnach bekommt Italien 172,745 Milliarden Euro und Spanien 140,446 Milliarden Euro. Dabei seien 81,807 Milliarden Euro als Zuschüsse an Italien und 77,324 Milliarden Euro als Zuschüsse an Spanien vorgesehen, der Rest sind als Kredite reserviert - im Falle Italiens 90,938 Milliarden Euro und bei Spanien 63,122 Milliarden Euro. Dazu würden noch nicht zugeteilte Programme kommen.

Wie aus internen Berechnungen der EU-Kommission vom Mittwoch hervorgeht, erhält nach dem Plan der EU-Kommission auch Österreich Zuwendungen in Höhe von 4,043 Milliarden Euro.

Insgesamt fällt das von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen entworfene Konjunkturprogramm noch deutlich größer aus als eine deutsch-französische Initiative für ein 500-Milliarden-Euro-Paket. Daneben will von der Leyen einen regulären mehrjährigen Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 im Umfang von rund einer Billion Euro vorschlagen.

Wochenlange Debatten erwartet

Von der Leyen will den Plan am Nachmittag offiziell in einer Rede im Europaparlament vorstellen. Anschließend müssen die 27 EU-Staaten darüber beraten. Nötig wäre eine einstimmige Billigung des Haushaltsplans und des Wiederaufbauprogramms. Vorher werden jedoch wochenlange Debatten erwartet.

Mit dem Wiederaufbauplan soll die schlimmste Rezession in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg bewältigt werden. Wegen des zeitweiligen Stillstands während der Pandemie wird die Wirtschaft in der EU nach einer offiziellen Prognose dieses Jahr um 7,4 Prozent schrumpfen. Einige Länder wie Italien, Spanien und Griechenland sind besonders hart getroffen. Die EU-Staaten haben bereits ein gemeinsames Sicherheitsnetz mit Kredithilfen von bis zu 540 Milliarden Euro gespannt.

Das Programm zur wirtschaftlichen Erholung im Rahmen des Haushaltsplans ist nun der nächste Schritt. Das Neue: Die über Kredite finanzierten Mittel sollen überwiegend als Zuwendungen an die EU-Staaten vergeben werden, die nicht die Empfänger, sondern alle gemeinsam zurückzahlen.

Vorige Woche hatten Deutschland und Frankreich vorgeschlagen, die EU-Kommission solle mit Hilfe von Garantien der EU-Staaten 500 Milliarden Euro Kredit aufnehmen und als Zuwendungen an Krisenstaaten und -branchen vergeben. Die deutsche Position wird besonders aufmerksam beobachtet, weil die Bundesrepublik die stärkste Volkswirtschaft und der größte Nettozahler der EU ist. Darüber hinaus übernimmt Deutschland zum 1. Juli für sechs Monate den Vorsitz der EU-Länder. Damit kommt Bundeskanzlerin Angela Merkel eine besondere Rolle bei der Bewältigung der Krise zu.

 

Ähnlichkeiten zum Merkel-Macron-Plan

Von der Leyens Wiederaufbauplan ähnelt dem deutsch-französischen Konzept. Auch von der Leyen will das Programm mit Krediten finanzieren. Dafür sollen die EU-Staaten mit Beitragszusagen zum Haushalt garantieren. Im Fachjargon: Die Eigenmittelobergrenze soll drastisch erhöht werden. Die Schulden sollen dann über Jahrzehnte aus dem EU-Budget abgestottert werden. Dabei sollen nach dem Willen der EU-Kommission neue eigene Einnahmen für die EU aus Steuern und Abgaben helfen. Im Gespräch ist eine Ausweitung des Europäischen Emissionshandels sowie eine Digitalsteuer oder eine Plastikabgabe.

Dass aus Krediten stammendes Geld als Zuwendung und nicht nur als rückzahlbares Darlehen an Krisenstaaten fließen soll, stößt bei einigen EU-Ländern auf Widerstand. Österreich, die Niederlande, Schweden und Dänemark - die „Sparsamen Vier“ - haben gemeinsam Einspruch erhoben.

Die Europa-Grünen drängten die Bundesregierung, während der deutschen Ratspräsidentschaft die übrigen EU-Staaten vom Wiederaufbauplan zu überzeugen. Dass sich Merkel hinter ein kreditfinanziertes Konjunkturprogramm gestellt habe, sei ein großer Schritt nach vorn gewesen, lobte die Grünen-Fraktionschefin im Europaparlament, Ska Keller. „Jetzt geht es darum, eine Mehrheit dafür zu gewinnen bei den Treffen des Europäischen Rats.“

 

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