EU-Kommissar: „Wir müssen auf Kriegswirtschaft umstellen“

NATO-Manöver in Polen
Die EU will ihre eigene Rüstungsproduktion stärken - aber: zu wenig Geld, zu wenig Bereitschaft zur Kooperation.

Seit mehr als einem Jahr spricht Industriekommissar Thierry Breton unablässig davon: „Europa muss sich auf einen Kriegswirtschaftsmodus umstellen.“

Das soll so viel bedeuten wie: Die Rüstungsproduktion in Europa solle massiv forciert werden – mit zunächst zwei Zielen: Die Engpässe bei der Versorgung der ukrainischen Streitkräfte mildern und vor allem dafür sorgen, dass die EU-Staaten selbst verteidigungsfähig bleiben. Dafür müssten sie entstandene Lücken auffüllen und ausreichend Reserven aufbauen.

Nach langen Ankündigungen wurde gestern, Dienstag, schließlich jener Plan präsentiert, mit dem die EU-Kommission diese Entwicklung anstoßen will. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine haben die EU-Staaten fast vier Fünftel ihrer Rüstungsgüter außerhalb der Union gekauft, den Großteil davon in den USA

Das müsse sich dringend ändern, fordert die EU-Kommission in Brüssel und setzt das Plansoll fest: Bis 2030 soll die EU die Hälfte ihrer Rüstungsgüter aus dem EU-Binnenraum beziehen, fünf Jahre später sollen es bereits 60 Prozent sein.

Unabhängiger von USA

Dies hätte den Vorteil, auf dem Rüstungssektor unabhängiger zu werden – auch mit dem Blick auf die US-Wahlen. Dort könnte Ex-Präsident Trump wieder gewinnen und die Zusammenarbeit mit Europa erheblich erschweren, wird befürchtet.

Wie soll diese ehrgeizige Vorgabe bewerkstelligt werden? Vorgesehen sind Investitionen in die europäische Rüstungsindustrie und strengere Vorgaben für Anschaffungen in den europäischen Armeen. „Europa muss mehr Geld in die Hand nehmen und es besser ausgeben, europäisch ausgeben“, sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen jüngst in Straßburg. 

Eineinhalb Milliarden Euro sind demnach für den Ausbau der Produktionskapazitäten vorgesehen, ein Teil davon soll über Kredite bereitgestellt werden.

EU-Kommissar: „Wir müssen auf Kriegswirtschaft umstellen“

EU-Industriekommissar Thierry Breton

Keine großen Sprünge

Weil aus dem derzeitigen EU-Budget nicht mehr Mittel herauszuholen sind und mit einer Milliarde Euro auf dem Rüstungssektor keine großen Sprünge gemacht werden können, schwebt einigen EU-Staaten eine andere Vorgehensweise vor: Nach dem Vorbild der gemeinsamen Impfstoffbeschaffung in der EU sollen wieder gemeinsam Schulden aufgenommen werden. Dagegen laufen freilich Staaten wie Deutschland und die Niederlande Sturm.

Und Streit gibt es auch beim Plan, Rüstungsgüter zentral über die EU-Kommission zu beschaffen. Bei ihrer eigenen Verteidigung, ihren eigenen Armeen und deren Rüstungsbedarf wollen sich die EU-Staaten von Brüssel nichts dreinreden lassen.

Brüssel aber schlägt vor: Durch gemeinsame Verhandlungen bei Rüstungseinkäufen könnten die Länder nicht nur günstigere Preise aushandeln, sondern mit einheitlichen Waffensystemen auch besser zusammenarbeiten.

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