EU-Grenzschutz: Italien gegen Kurz’ Pläne

EU-Grenzschutz: Italien gegen Kurz’ Pläne
Kanzler bei Italiens Premier Conte. Italien hat gegenüber Österreichs Migrationsplänen Bedenken.

Das Zeremoniell beim Staatsempfang war am dicksten aufgetragen, aber das politische Resultat war das dünnste: Italien legt sich gegen die Pläne eines verstärkten Außengrenzschutzes der EU in entscheidenden Punkten quer.

„Große Skepsis“

Italien ist gegen eine personelle Aufstockung von Frontex – geplant wären 10.000 Mann binnen zwei Jahren. Das Land wehrt sich dagegen, dass Frontex berechtigt sein soll, Migranten an der Außengrenze zu registrieren. „Es ist keine strikte Ablehnung, aber große Skepsis vorhanden. Wir werden noch bis Dezember Überzeugungsarbeit leisten müssen“, resümiert Kanzler Sebastian Kurz seinen Besuch in Rom.

Über die Hintergründe sagt Österreichs Bundeskanzler, Italien und Spanien hegten die Befürchtung, Migranten, die bei ihnen ankommen, nicht mehr so leicht in andere europäische Länder weiterwinken zu können, wenn es einen funktionierenden EU-Außengrenzschutz gibt, der ankommende Migranten registriert.

Bundeskanzler Kurz bei Premier Conte in Rom

Italien fordert seinerseits, dass andere europäische Länder den Italienern Flüchtlinge abnehmen – also die berühmte Verteilung in Europa, gegen die sich vor allem die Osteuropäer sträuben.

Kurz rechnete bei seinem Arbeitsbesuch am Dienstag dem italienischen Premier Giuseppe Conte vor, dass in Österreich täglich 40 Personen um Asyl ansuchen, in Deutschland 400, in Frankreich 300 und in Italien vergleichsweise nur rund 160. Wenn Italien eine Verteilung fordere, müsse man diese Asylwerber berücksichtigen, was die Sache nicht sehr sinnvoll mache.

Hauptstadt-Tour

Rom war die letzte von vier Stationen auf der Hauptstadttour des Bundeskanzlers, um den informellen EU-Gipfel am Mittwoch und Donnerstag in Salzburg vorzubereiten. Deutschland und Frankreich unterstützen den Plan von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker für den Aufbau einer effektiven europäischen Grenzpolizei.

In Rom wurde der österreichische Kanzler mit großem Pomp im Palazzo Chigi, dem Regierungssitz von Premier Giuseppe Conte, empfangen – Musikkapelle in farbenprächtiger Uniform mit Federbusch, eine Formation von Säbelträgern, Hymnen, roter Teppich inklusive.

Doch schon im Vorfeld war es zum politischen Eklat gekommen. Der italienische Außenminister Enzo Moavero Milanesi hat ein Treffen mit der österreichischen Amtskollegin Karin Kneissl platzen lassen, weil Österreich Südtirolern einen Doppelpass ausstellen will. Kurz betonte in Rom, die österreichische Bundesregierung werde in der Frage der Doppelpässe „abgestimmt mit Rom“ vorgehen, es gebe also „keinen Grund zur Aufregung“. Conte betonte im gemeinsamen Pressestatement, er habe Kurz die Position der italienischen Regierung „klar gesagt“.

Kooperation mit Afrika

Gibt es also gar keine Gemeinsamkeiten mit Italien? Doch, sagt Kurz. Er stimme voll überein, dass es nicht genüge, mit der Türkei ein Flüchtlingsabkommen zu haben, man müsse mit allen nordafrikanischen Transitstaaten kooperieren. Weiters unterstütze er Contes Bemühungen, die libysche Küstenwache auszurüsten und zu schulen, damit dort keine Boote ablegen. Kurz: „Die Zahl der Ankünfte in Italien sind in den acht Monaten 2018 um 80 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum zum Vorjahr zurückgegangen. Das ist ein großer Fortschritt.“

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