CETA: Wallonischer Regierungschef erklärt sich

Wallonischer Ministerpräsident Paul Magnette
Kanadische Handelsministerin brach Verhandlungen mit Region Wallonien ab. Umweltschützer jubeln über Nicht-Einigung.

Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) steht auf der Kippe. Die kanadische Handelsministerin Chrystia Freeland hat am Freitag die Gespräche mit der belgischen Region Wallonien über CETA abgebrochen. Die EU sei derzeit nicht in der Lage, ein internationales Abkommen abzuschließen, sagte Freeland am Freitag nach den Krisengesprächen mit der Wallonie. Sie kündigte beim Verlassen des Sitzes der wallonischen Regionalregierung in Namur an, nach Kanada zurückkehren. Die kanadische Regierung sieht im Moment keine Chancen, CETA zu retten. Aus Kreisen der EU-Kommission hieß es: "Die Europäische Kommission sieht das nicht als das Ende eines Prozesses, der den Weg hin zu einer Unterzeichnung des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und Kanada ebnen soll."

CETA: Wallonischer Regierungschef erklärt sich
Canada's International Trade Minister Chrystia Freeland speaks during Question Period in the House of Commons on Parliament Hill in Ottawa, Ontario, Canada, October 17, 2016. REUTERS/Chris Wattie
Das Regionalparlament der Wallonie hatte vor einer Woche mit deutlicher Mehrheit gegen das geplante Freihandelsabkommen gestimmt. Dadurch kann Belgien der eigentlich für den 27. Oktober geplanten Unterzeichnung von CETA vorerst nicht zustimmen. Dann wäre das gesamte Abkommen blockiert.

In fieberhaften Verhandlungen versuchten EU-Kommission und die kanadische Regierung deswegen am Freitag, eine Einigung mit der Wallonie zu erzielen. Freeland traf den wallonischen Regierungschef Paul Magnette zu Verhandlungen. Eine Einigung gelang aber nicht.

Magnette: Zeitdruck war schuld

Eigentlich seien beide Seiten gar nicht so weit auseinander gewesen - doch dem Zeitdruck wollten sich die Wallonen nicht beugen. "Wir haben gut gearbeitet, in einem sehr konstruktiven Geist, viele Stunden lang. Ich habe unseren kanadischen Partnern irgendwann erklärt, dass ich vor das (wallonische) Parlament treten muss um Rechenschaft abzulegen", sagte Magnette in einem Fernsehinterview. "In der Sache kann man wirklich sagen, dass Fortschritte möglich waren, weil ich glaube, dass unsere Vorstellungen sehr nah beieinander sind", führte Magnette weiter aus.

CETA: Wallonischer Regierungschef erklärt sich
Minister-President of Wallonia Paul Magnette answers deputies' questions during a debate on the Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA), a planned EU-Canada free trade agreement, at the Walloon regional parliament in Namur, Belgium October 21, 2016. REUTERS/Francois Lenoir
Die Schwierigkeiten seien im Faktor Zeit zu suchen. "Weil wir noch etwas Zeit brauchen. Ich verstehe, dass das für die Kanadier sehr lange ist. Für sie sind das sieben Jahre Diskussionen. Aber für uns Wallonen sind es erst zwei Wochen, dass wir an der Sache beteiligt waren." Er sei dafür eingetreten, "dass wir ein bisschen mehr Zeit haben. Das war für unsere kanadischen Partner offenbar nicht möglich."

Magnette sprach vor einem Ausschuss des Regionalparlaments in Namur zwar von "bedeutsamen Fortschritten" etwa im Bereich der Landwirtschaft. Insbesondere bei der Frage von Schiedsgerichten gebe es aber noch "Schwierigkeiten für uns".

Kampf gegen CETA: Wer die Wallonen eigentlich sind

Kritiker jubeln

"Merci Wallonie" jubelt heute die Umweltschutzorganisation Global 2000 über die von den Wallonen erreichte Nicht-Einigung beim heutigen EU-Gipfel zum Freihandelsabkommen CETA. Und Michel Reimon, Europaabgeordneter der Grünen, ätzt gegen Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ): "Im Gegensatz zu Österreichs Bundeskanzler ist Walloniens Ministerpräsident Paul Magnette nicht umgefallen."

Die globalisierungskritische Organisation Attac sprach heute von einem "Ergebnis der Ignoranz der EU-Kommission gegenüber berechtigter Kritik".

Michel: "Ernst der Lage ist mir bewusst"

Der belgische Premierminister Charles Michel hat sich angesichts des anhaltenden Widerstands gegen CETA in seinem Land machtlos gezeigt. Ihm bleibe nicht anderes übrig, als die Positionierung des wallonischen Parlaments zu respektieren, machte Michel am Freitag nach dem EU-Gipfel in Brüssel deutlich.

Auch wenn dies dazu führe, dass die aktuelle Situation "äußerst delikat" sei. "Der Ernst der Lage ist mir bewusst", ergänzte Michel.

Zu den Erfolgsaussichten weiterer Verhandlungen zwischen der wallonischen Regionalregierung sowie Kanada und der EU-Kommission wollte sich der Premierminister nicht äußern. Er hoffe immer noch, dass es möglich sein werde, erhobenen Hauptes aus der Sache herauszukommen, sagte Michel lediglich.

Visafreies Reisen für Rumänen

Zu einem Beschluss kam es am Vormittag doch: Rumänien und Kanada haben sich nach Angaben des rumänischen Staatspräsidenten Klaus Iohannis auf eine schrittweise Abschaffung der Visumpflicht im kommenden Jahr geeinigt. Bukarest habe nun keine Vorbehalte mehr gegen das CETA-Abkommen zwischen der EU und Kanada. Bukarest hatte zuvor eine Zustimmung zu CETA von der Abschaffung der kanadischen Visumpflicht für Rumänen abhängig gemacht.

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