CETA-Einigung bleibt vorerst offen

CETA-Einigung bleibt vorerst offen
Die wallonische Regierung will dem Freihandelsabkommen CETA nach wie vor nicht zustimmen - trotz Zugeständnissen der EU-Kommission. Ratsvorsitzender Tusk fürchtet, dass Abkommen wie CETA in Zukunft nicht mehrheitsfähig sind.

Beim umstrittenen EU-Kanada-Freihandelsabkommen (CETA) hat eine Sitzung der EU-Botschafter am Donnerstagabend noch nicht zu einer Klärung geführt. Die EU-Botschafter hätten vereinbart, am morgigen Freitag wieder zusammenzukommen. Belgien habe erklärt, es hoffe bis dahin auf eine Antwort der Region Wallonien, die sich gegen CETA ausgesprochen hat.

Wie die Zeitung L'Echo berichtet, lehnt die Wallonie trotz Nachbesserungen nach wie vor das Freihandelsabkommen mit Kanada ab. Das wallonische Parlament wird Freitafrüh zusammen kommen, um seine Haltung darzulegen. Die kanadische Regierung sehe noch "Verhandlungsspielraum", sagte der wallonische Ministerpräsident Paul Magnette laut der Nachrichtenagentur Belga. Kanada scheine "bei manchen Punkten offener als die europäischen Instanzen oder einige EU-Staaten". Am Freitagmorgen will Magnette die kanadische Handelsministerin Chrystia Freeland treffen, bevor er das wallonische Parlament unterrichtet.

CETA-Einigung bleibt vorerst offen
Minister-President of Belgium's French-speaking Walloon Region Paul Magnette talks to the media following his meeting with the European Union Commissioner for Trade at the European Union Commission headquarters in Brussels, October 19, 2016. Belgium's seven-parliament political system is in the spotlight after the French-speaking region of Wallonia voted to block a huge EU trade deal with Canada despite seven years of negotiation. / AFP PHOTO / THIERRY CHARLIER

Angebote an Wallonien

Inhaltlich seien aber Angebote an Wallonien festgemacht worden, hieß es in EU-Ratskreisen. So soll in der Auslegungserklärung zu CETA der Investitionsschutz näher geregelt werden. Die EU und Kanada würden sich demnach dafür einsetzen, ein internationales Investitionsschutzgericht einzurichten. Wenn genug Staaten daran teilnehmen, soll dieses internationale Gericht die bilateralen Investitionsschutzgerichte ersetzen.

Präzisierungen seien in der Auslegungserklärung ("Beipacktext") zu CETA auch in Hinblick auf Umwelt- und Sozialstandards sowie zur Rolle von Klein- und Mittelbetrieben (KMU) vereinbart worden, hieß es.

Daneben gebe es mehrere Erklärungen der EU-Kommission, die auf die Bedenken Walloniens eingehen sollten, aber auch auf die Vorbehalte von Bulgarien und Rumänien. Demnach sichert die EU-Kommission zu, dass sie sich für Visafreiheit der beiden Balkan-Länder in Kanada einsetzen will. Bulgarien und Rumänien verlangen von Kanada entsprechende Zusagen.

Tusk: "Fürchte, CETA könnte unser letztes Freihandelsabkommen sein"

EU-Ratsvorsitzender Donald Tusk fürchtet, dass CETA "das letzte Freihandelsabkommen" für die Europäische Union sein könnte. Vor Beginn des EU-Gipfels sagte Tusk, er hoffte aber auf eine Lösung mit "dem Champion der Kompromisse, Belgien".

Aber, so Tusk, "das Problem geht tiefer. Wenn wir es nicht schaffen, das Vertrauen der Bevölkerung zu erhalten, dass solche Handelsabkommen in ihrem Interesse sind, haben wir keine Chance, eine öffentliche Unterstützung für Freihandelsabkommen zu bekommen". Er "fürchte, dass CETA unser letztes Freihandelsabkommen sein könnte". Aus diesem Grund sei es aber auch nötig, effektive Handelsschutzinstrumente der EU gegen unfaire Praktiken zu entwickeln.

Juncker: Gespräche über Nacht gehen weiter

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker konnte nach eigenen Angaben nicht am gesamten Gipfel am Donnerstag teilnehmen, weil er sich in Gesprächen mit der Wallonie und Kanada um eine Lösung bemühte. "Diese Anstrengungen werden die Nacht durch verlängert", sagte Juncker. Auch für den Morgen seien Treffen geplant, "um dieses wichtige Vorhaben zu einem guten Ende zu führen". Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sagte, man wolle ein Scheitern von CETA verhindern. "Wir arbeiten daran, dass es dazu nicht kommt, aber die Gespräche sind schwierig."

Kern will Bekenntnis zu TTIP streichen

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) kämpft bei dem Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs darum, dass das umstrittene Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) nicht mehr als Ziel genannt wird. Kern stütze sich dabei auf den jüngsten Regierungsbeschluss, in dem sich die Bundesregierung für ein neues Verhandlungsmandat mit den USA einsetzt, hieß es am Donnerstag in Ratskreisen.

In dem jüngsten Entwurf für die EU-Gipfelerklärung ist noch ein Bekenntnis zu dem EU-USA-Freihandelsabkommen enthalten, ohne dass TTIP (transatlantisches Handels- und Investitionspartnerschaft) namentlich erwähnt ist. Der EU-Gipfel "bestätigt die Entschlossenheit der EU, ein ambitioniertes, ausgewogenes und umfassendes Freihandelsabkommen mit den USA abzuschließen", heißt es in dem Entwurf.

Die Bundesregierung hat vergangene Woche im Zusammenhang mit CETA auch TTIP unter Beschuss genommen. Eine Genehmigung von CETA bedeute demnach, "dass weitere umfassende Handelsabkommen der EU die durch das vorliegende Abkommen und die Gemeinsame Erklärung gesetzten Standards keinesfalls unterschreiten dürfen. Das gilt insbesondere auch für das in Verhandlung stehende Abkommen zwischen der Europäischen Union (EU) und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den USA andererseits (TTIP). In diesem Zusammenhang wird sich die Bundesregierung für eine entsprechende Revision des Verhandlungsmandates einsetzen, da auf Basis der bis heute vorliegenden Zwischenergebnisse keine Zustimmung erteilt werden kann", heißt es in dem Regierungsbeschluss.

Dem Vernehmen nach stehen auch Frankreich und Ungarn der Erwähnung von TTIP skeptisch gegenüber. Im Juni hatten noch alle EU-Staaten mit den USA bestätigt. Im Gegensatz zu CETA ist TTIP noch nicht fertig ausgehandelt. Der französische Präsident Francois Hollande sagte unlängst, er halte gegenwärtig keine Vereinbarung bis zum Jahresende für möglich. Sollte das Mandat für TTIP geändert werden, erfordert dies Einstimmigkeit aller 28 EU-Staaten.

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