Indiens hindu-nationalistischer Regierungschef war allerdings nur per Video aus Neu Delhi zugeschaltet: Flüge aus Indien in die EU sind derzeit wegen der katastrophalen Infektionslage und der dort entdeckten, besonders aggressiven Virusvariante verboten.
Die neue Freundschaft Europas zur größten Demokratie der Welt verfolgt durchaus strategische Interessen. Die Kooperation soll vertieft, der Handel ausgeweitet, ein Handelsabkommen angepeilt werden – zum beidseitigen Nutzen, aber vor allem mit Blick auf China. Der für beide mächtige Konkurrent führt Indien und Europa zusammen.
Dabei ist Indien für Europa ein komplizierter Partner. Seit acht Jahren liegen die Gespräche für ein Handelsabkommen auf Eis. Aus Sicht der EU scheiterten die Verhandlungen bisher an Indiens Protektionismus.
Seither ließ Premier Modi die Einfuhrzölle sogar noch anheben. Auf importierte Autos etwa betragen die Zölle in Indien 125 Prozent.
Einen Wunsch aber dürften die EU-Staaten Indien wohl abschlagen: Seit dem Vorjahr drängt Indien darauf, den weltweiten Patentschutz für Corona-Impfungen aufzuheben.
Das hatte nun überraschend auch US-Präsident Joe Biden vorgeschlagen. Doch beim EU-Gipfel im Porto war dazu überwiegend Skepsis zu vernehmen.
Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel lehnt es offen ab, und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron stellte sich ebenfalls quer: „Es sind nicht die Patente, es ist die Produktion“, gab er zu bedenken. Nur mit dem nötigen Know-How könnten Impfstoffe produziert werden. Der aktuelle, weltweite Mangel an Impfstoffen aber lasse sich mit der Freigabe von Patenten nicht so schnell lindern.
EU als größter Impfstoff-Exporteur
Vielmehr empfahl Macron: Die USA, die keine Impfstoffe ausführen, sollten doch lieber ihren Exportstopp aufheben. Die EU hingegen sei der größte Exporteur von Corona-Impfstoffen auf der Welt: Bisher wurden 200 Millionen Dosen in 90 Länder ausgeführt – in etwa so viel, wie innerhalb der EU verimpft wurden.
Ein klares Nein zur Freigabe von Patenten aber gab es in Porto auch nicht. Man wolle einen konkreten Vorschlag dazu abwarten – dieser muss von der Welthandelsorganisation WTO kommen. „Wir denken nicht, dass das kurzfristig eine Wunderlösung ist“, sagte EU-Ratspräsident Charles Michel. Aber einer Diskussion darüber werde man sich nicht verschließen.
Tempo für den "Grünen Pass"
In rund zweieinhalb Wochen, wenn die EU-Staats-und Regierungschefs zu ihrem nächsten Sondergipfel in Brüssel zusammenkommen, sollte eine Diskussion aber bereits abgeschlossen sein: jene zum „Grünen Pass“, der Corona-Getesteten, -Geimpften und -Genesenen in Europa endlich wieder mehr Freiheiten ermöglichen soll.
Bis dahin hofft man auf eine europaweite Einigung, Bundeskanzler Sebastian Kurz drängt massiv darauf. Derzeit gibt es aber noch Meinungsverschiedenheiten - zwischen Ländern, die die Quarantäne für Besitzer des „Grünen Passes“ ganz aufheben wollen und Staaten wie Deutschland, die bei sich verschlechternder Lage weiter Einschränkungen verhängen wollen.
Österreich geht voran
"Wenn keine europäische Lösung gelingt, wird Österreich mit anderen Staaten auch bilaterale Verträge abschließen", kündigt Kurz an. Einige EU-Staaten würden den Pass im eigenen Land so wie Österreich bereits im Mai einführen, und auch sie würden bilaterale Verträge abschließen. "Die offenen Fragen sind nicht so komplex, es geht um die Abschaffung der Quarantäne und die Anerkennung von Dokumenten. Das ist keine Atomphysik“, beharrt der Kanzler.
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