"Alle Regierungschefs sind sich einig, dass wir so etwas brauchen“, sagte Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel nach dem Video-Gipfeltreffen der EU-Staats und Regierungschefs Donnerstagabend. "So etwas" - das ist ein digitaler europäischer Coronaimpfpass. Er soll ein Freifahrtsschein heraus aus der Corona-Enge hinein die Freiheit sein, zurück in ein normales Leben ohne Pandemiebeschränkungen.
In spätestens drei Monaten könnten europaweit vergleichbare digitale Impfpässe verwendet werden, sagte Merkel. Rechtzeitig vor Beginn der Urlaubssaison. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass das gelingt“, meinte die deutsche Kanzlerin.
Mit diesem Vorschlag war auch Bundeskanzler Sebastian Kurz ins virtuelle Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs gegangen. „Noch im Frühling“ möchte Kurz solch einen Pass umgesetzt sehen, „am besten in ganz Europa. Aber wenn nicht, dann national und mit anderen interessierten Staaten“, sagte er unmittelbar vor Beginn des EU-Videogipfels.
Angesichts der derzeit noch geringen Impfzahlen war man sich im Kreis der 27 Regierungen einig, dass ein solcher Impfpass im Augenblick noch gar keine Rolle spielen kann. "Aber man muss sich vorbereiten", führte Merkel nach dem Treffen aus. "Dennoch wird es auch danach so sein, dass der Impfpass alleine nicht darüber bestimmt, wer reisen kann. Dazu könnten auch Tests beitragen." Die deutsche Kanzlerin verwies dabei auf Kinder, die sich derzeit gar nicht impfen lassen könnten.
Die Regierungschefs Griechenlands, Zyperns, Portugals und Spaniens, die verzweifelt auf eine blühende Sommertourismus-Saison hoffen, fordern schon seit Wochen einen EU-weiten Pass für Corona-Geimpfte.
Nicht nur Geimpfte
Der Vorschlag von Kanzler Kurz reicht weiter: Nicht nur Geimpfte, sondern auch von Corona Genesene und frisch Getestete sollen per „Grünem Pass“ ihren Freifahrtschein zurück in die Normalität erhalten. „Genesene sind ja eine Zeit lang immun“, so Kurz, „und das sind Hunderttausende. Und bis zum Sommer werden die Geimpften vielleicht ohnehin die größte Gruppe sein.“
Derzeit beträgt die Quote der gegen Corona Geimpften in Österreich 4,4 Prozent (mit zwei Impfungen: 2,76 Prozent).
Worauf Kurz mit seinem breiteren Vorstoß abzielt, ist klar: Eine Zwei-Klassen-Gesellschaft zwischen Geimpften und Nicht-Geimpften soll vermieden werden.
Die technischen Vorarbeiten für ein europaweit gültiges Impfzertifikat haben schon im Jänner begonnen.
Alle EU-Staaten sollen nun ihre jeweiligen nationalen Corona-Impf-Pässe ausarbeiten: Über eine gemeinsame europäische Ebene sollen sie dann miteinander kompatibel gemacht werden. Die Pläne für diesen gemeinsamen gateway wird die EU-Kommission in den kommenden Wochen präsentieren.
Die heimischen Tourismuswerber hoffen unterdessen sehr auf den Impfpass. „Es ist ganz wichtig, dass Reisen so einfach wie möglich wird. Ein Impfpass gibt den Menschen das Gefühl der Sicherheit und würde das Reisen sehr erleichtern“, sagten Petra Stolba, Chefin der Österreich Werbung, und Andreas Winkelhofer, Sprecher der neun Landestourismus-Organisationen am Donnerstag (siehe auch unten). Grundsätzlich sei Reisen zwar ohne digitalen Impfnachweis möglich, aber viel schwieriger.
Streit um Grenzkontrolle
Drei Viertel der Österreicher wollen heuer laut jüngsten Umfragen wieder in den Sommerurlaub fahren. Möglich wird das nur werden, wenn die Ansteckungsgefahr maximal reduziert wird – und die Quarantäneregeln fallen. Zwangsquarantäne zu Beginn oder nach dem Urlaub stoppen jeden Reisestrom.
Dafür aber, so machten auch die Regierungschefs beim Gipfel abermals deutlich, müssten endlich die Impfstoffproduktion vorangetrieben und die Lieferungen der Dosen erhöht werden.
Dicke Luft herrschte beim Videotreffen auch beim Thema Grenzkontrollen: Österreich und Tschechien protestierten abermals dagegen, dass Deutschland den Grenzverkehr zu Tirol und zu Tschechien nahezu abgeschnürt hat. Deutschland aber bleibt dabei: Bis 3. März gibt es vorerst keine Erleichterungen.
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