EU-Budget: Österreich kämpft um jeden Euro

Über die Milliarden der EU wird heftig gestritten. Das Geld aus Brüssel soll weiter sprudeln.

Härte und Zähigkeit – diese Eigenschaften will Finanzministerin Maria Fekter erneut in den Verhandlungen über das mehrjährige EU-Budget beweisen. "Der Rabatt ist eine zentrale Forderung von uns, wir kämpfen weiter darum", sagte Fekter zum KURIER.

Ihre Beamten haben das Kleingedruckte im neuen Budget-Vorschlag der zypriotischen EU-Präsidentschaft gelesen und herausgefunden, dass Österreich den Rabatt – im Jahr 2011 betrug er rund 180 Millionen Euro (siehe Artikel unten) verlieren sollte.

Unverständlich für die Österreicher ist, dass in der EU-Kommission für den Verlust dieser Vergünstigung auch Kommissar Johannes Hahn gestimmt hat. Das sei nicht fair gegenüber seinem Heimatland, hört man hinter vorgehaltener Hand.

Minus für Regionalpolitik

Die neue Verhandlungsgrundlage für den siebenjährigen EU-Haushalt für die Jahre 2014 bis 2020 sieht eine Kürzung von 50 Milliarden Euro auf den seit Monaten bekannten Vorschlag der Kommission vor. Die Kommission budgetiert als Finanzrahmen 978,6 Milliarden Euro (das sind 1,03 Prozent des Bruttoinlandsproduktes der 27 Mitgliedsländer) . Von den Kürzungen betroffen wäre der Ausbau der Transeuropäischen Verkehrsnetze, die Regionalpolitik und in geringerem Ausmaß auch der Agrarbereich.

Für das Nettozahlerland Österreich ist die Kürzung von 50 Milliarden dennoch zu wenig. "Der Vorschlag geht in die richtige Richtung, aber es reicht noch nicht", sagt Fekter. Österreich verlangt, wie andere Nettozahler, eine Kürzung des Budgets um mindestens 100 Milliarden Euro.

Auch wenn die Bundesregierung auf die Bremse steigt und zum Sparen aufruft, halten Interessenvertreter aus Landwirtschaft (siehe Artikel unten) und Ländern daran fest, auf keinen Cent aus Brüssel verzichten zu wollen.

Burgenland, das ehemalige Ziel-1-Gebiet (Region mit den höchsten EU-Hilfen) bleibt weiterhin ein Fördergebiet. Christian Illedits, der EU-Beauftragte der burgenländischen Landesregierung, kann aufatmen: "Wir rechnen weiterhin mit EU-Mitteln, die ländliche Entwicklung ist uns besonders wichtig. Das sehen und spüren die Menschen." Da das Burgenland Dank der EU-Förderungen seit dem Beitritt wirtschaftlich aufgeholt hat, wird es ab 2014 weniger Regionalmittel geben.

Länder-Lobbying

Für weitere Geldflüsse aus Brüssel lobbyiert auch Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll. Zuletzt sprach er in Berlin vor.

Letztendlich wird es aber vom Verhandlungsgeschick des Bundeskanzlers beim Budget-Sondergipfel am 22. und 23. November abhängen, wie die Zahlen für Österreich aussehen werden. In den nächsten Wochen werden Landwirtschaftsminister Berlakovich und andere Interessensvertreter bei Werner Faymann im Kanzleramt vorsprechen und ihre Anliegen deponieren.

Fragt man die Österreicher, ob die EU ihre Aufgaben mit dem derzeitigen Budget erfüllen kann, fallen die Antworten pragmatisch aus: 42 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass die EU ihre Aufgaben mit dem vorhandenen Budget erfüllen kann, 50 Prozent wollen etwas mehr Geld. Das ergab eine aktuelle Telefonumfrage ( 501 Befragte ) der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik.

"Kürzungen für Bauern betreffen alle Menschen"

EU-Budget: Österreich kämpft um jeden Euro

Der neue Budget-Vorschlag sieht Agrarkürzungen um weitere 1,9 Prozent vor. "Das lehnen wir entschieden ab", sagt Landwirtschafts- und Umweltminister Nikolaus Berlakovich zum KURIER.

Sein Argument ist klar: "Kürzungen für Bauern betreffen alle Menschen. Auf dem Spiel stehen bis zu 120.000 Arbeitsplätze in ländlichen Regionen."

Neben den Direktzahlungen an die Bauern (Flächen- und Tierprämien, Anm.) geht es den Agrarvertretern vor allem auch um die Förderungen für die ländliche Entwicklung. Dabei handelt es sich um Subventionen für die Bio-Landwirte und für die Bergbauern sowie um Investitionen in Dorferneuerung und in kleinere wirtschaftliche Projekte. "Rund 23.000 Euro investiert jeder Bauer in Österreich pro Jahr. Das schafft Jobs und fördert die regionale Wirtschaft", betont Berlakovich.

Auch die Landwirtschaftskammer Österreichs lehnt die neue Verhandlungsgrundlage der EU-Präsidentschaft ab. "Im Bereich ländliche Entwicklung liegt der Vorschlag deutlich unter den Plänen der EU-Kommission", betont Kammer-Präsident Gerhard Wlodkowski.

Gemeinsame Agrarpolitik

Eines darf man nicht vergessen: Die Landwirtschaft gehört zu den wenigen Bereichen der EU, die nicht mehr national, sondern zur Gänze von der EU-Kommission geplant und finanziert werden. Man spricht von der gemeinsamen Agrarpolitik.

Dazu Wlodkowski: "Jede Kürzung des EU-Agrarbudgets schmälert den Rückfluss von EU-Mitteln nach Österreich."

Neben der Gesamtsumme geht es beim EU-Budget derzeit vor allem um die Rabatte. Ausgangspunkt ist der Briten-Rabatt, den Margaret Thatcher 1984 erstritt, als Großbritannien verhältnismäßig arm war und wenig von den Agrarförderungen profitierte. Seit 1984 bekommt Großbritannien zwei Drittel seiner Nettobeiträge wieder zurück. 2011 betrug der Briten-Rabatt 3,6 Milliarden Euro.

Österreich, Deutschland, die Niederlande und Schweden erstritten 1999 einen "Rabatt auf den Beitrag zum Rabatt" und müssen nur mehr ein Viertel jener Summen zahlen, mit dem sie den Briten-Rabatt ausgleichen sollen.

Nun soll der Briten-Rabatt und der "Rabatt auf den Briten-Rabatt" neu berechnet werden. Eine Kommissionsvariante besagt, dass nur noch die größten Nettozahler (Deutschland, die Niederlande, Schweden und Großbritannien) eine Reduktion bekommen sollen. Österreich würde laut diesem Plan seinen Rabatt verlieren.

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