Merkel muss zwischen Hollande-Cameron schlichten

Vertraulich: Merkel und Hollande suchten vor dem Gipfel in Paris Budget-Kompromisse.
Abstriche in der Verwaltung geplant. Ein Milliardenfonds soll Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen.

Jetzt oder nie“, das ist die Devise für den EU-Gipfel am Donnerstag in Brüssel. Die Staats- und Regierungschefs stehen enorm unter Druck, eine Einigung im Budgetstreit zu erreichen. Es geht um die Summe von rund 1000 Milliarden Euro für die Jahre von 2014 bis 2020.

„Jetzt oder nie“ – die die EU-Granden sind zu einem Erfolg verdammt. In vielen Mitgliedsländern steigt die Arbeitslosigkeit, die Wirtschaft schwächelt, manche Staaten stecken tief in der Rezession. Dazu kommt, dass viele Bürger das Vertrauen in die EU verlieren. Vor diesem Hintergrund können sich die 27 Staats- und Regierungschefs kaum leisten, ein zweites Mal zu scheitern, nachdem der Budget-Gipfel im November kein Ergebnis brachte.

Geheimverhandlungen

„Damals gab es gute Gespräche“, sagt ein EU-Diplomat. „Sehen wir es so: Die Regierungschefs hatten im November ein konstruktives Mittagessen, dann hatten alle einen langen Spaziergang, um in Ruhe nachzudenken – und jetzt kommen sie zurück zum Kaffee, um das Budget fertig zu machen.“ Ratspräsident Herman Van Rompuy hat seit November in bilateralen Gesprächen Kompromisse ausgelotet. Unmittelbar vor dem Gipfelbeginn wird er den Regierungschefs einen neuen Budget-Vorschlag unterbreiten. „Wir sind auf einem guten Weg“, sagte ein Verhandler in Brüssel, „aber jeder wird Abstriche machen müssen.“ In Berliner Regierungskreisen wurde auch ein neuerliches Scheitern nicht ausgeschlossen: „Eine Garantie für einen Abschluss gibt es nicht.“

Zur Beruhigung gab es am Mittwoch „good news“: Ein milliardenschwerer Fonds für Jugendbeschäftigung soll geschaffen werden. Neben frischem Geld sollen bestehende EU-Fördertöpfe ausgeräumt oder Mittel umgeschichtet werden. Der Fonds hängt mit der Jugendgarantie zusammen, die vorsieht, jungen Leuten in allen EU-Staaten eine Ausbildung und eine Beschäftigung zu ermöglichen. Das Modell kommt aus Österreich, die Kommission will, dass es alle Staaten übernehmen.

Paris gegen London

Die größten Konflikte sind nicht zwischen Nehmern und Gebern zu erwarten, sondern zwischen Frankreich und Großbritannien, zwei der – neben Deutschland – größten Nettozahler in der Union. Premier David Cameron will das Budget weiter kürzen, Frankreichs Staatspräsident François Hollande will mehr Geld, um Wachstum und Beschäftigung anzukurbeln.

Die Vermittlerrolle dürfte wieder einmal Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel zufallen. Sie ist – wie Cameron – für Kürzungen, steht aber gleichzeitig – wie Hollande – hinter der Forderung nach Wachstum und Beschäftigung. Am Mittwoch traf Merkel Hollande in Paris zum Gipfel-Vorgespräch; danach war der Besuch des Fußball-Länderspiels der beiden Nationen geplant.

Ein Posten, bei dem sich Kürzungen abzeichnen, ist die Verwaltung. Aus deutschen Regierungskreisen hieß es zuletzt, hier seien noch „signifikante Einschnitte“ möglich.

971,9 Milliarden hat Ratspräsident Van Rompuy als Finanzrahmen für 2014 bis 2020 vorgeschlagen. Geplant sind weitere Kürzungen von rund 15 Mrd.

187 Millionen betrug Österreichs Rabatt 2012. Auf der Begünstigung beharrt Österreich. Die Nettozahlungen dürften auf eine Milliarde jährlich steigen.

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