Zwei Maßnahmen sollen Massenimpfung deutlich beschleunigen

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Brüssel hat nachverhandelt und ordert deutlich mehr Impfdosen - davon profitiert auch Österreich. Außerdem können aus einer Lieferung bald mehr Dosen entnommen werden als bisher.

Es gibt gute Nachrichten, was das Tempo der Impfungen betrifft. Dieses könnte schon bald rasant zunehmen. Der Grund: Brüssel hat auf die anhaltende Kritik der Mitgliedsländer reagiert, dass man vom ersten verfügbaren Impfstoff - jenem von Biontech/Pfizer - zu wenig bestellt habe. Daher hat die EU-Kommissioneinen Vertrag über weitere bis zu 300 Millionen Dosen des Corona-Impfstoffs der Mainzer Firma und ihres US-Partners abgeschlossen. Davon entfällt auch ein Anteil auf Österreich.

Und noch eine weitere Entwicklung birgt Grund zur Zuversicht: Die Europäische Arzneimittelbehörde empfiehlt Änderung der Produktinformation beim Impfstoff von Pfizer/Biontech. Demnach soll die Entnahme einer sechsten Dose (bisher sind es nur fünf) pro Phiole rechtlich abgesichert werden. Alleine dadurch erhöht sich die verfügbare Impfstoffmenge um 20 ganze Prozent.

Dass sich der Impfprozess in Österreich durch die zusätzlichen Dosen beschleunigen wird, scheint klar. Wie sehr, dazu konnte das Gesundheitsministerium noch keine abschließende Prognose abgeben. Auch ein genaues Datum, ab wann Personen höheren Alters, die nicht in Heimen wohnen, an der Reihe sind, steht nicht fest. Gesundheitsminister Rudolf Anschober erklärte aber, den Prozess schrittweise auf sie ausdehnen zu wollen, um auch sie so bald wie möglich impfen zu können.

Teillieferung schon bald

Bisher war immer fraglich, wann Nachbestellungen des Impfstoffes von Pfizer/Biontech an die EU geliefert werden können - die USA etwa haben schon deutlich vor der EU nachbestellt und werden demnach früher beliefert. Laut EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen sollen die zusätzlichen Dosen bereits im zweiten Quartal 2021 zur Verfügung stehen, zumindest zum Teil: 75 Millionen Dosen soll die EU bis Ende Juni erhalten haben.

Zwölf Millionen Dosen für Österreich

Insgesamt stehen der EU dann 600 Millionen Dosen des Wirkstoffes zur Verfügung, Österreich wiederum erhält zwei Prozent davon - das sind dann in Summe etwa zwölf Millionen. Die Auslieferung zieht sich aber: Im ersten Quartal sind 657.700 Dosen angekündigt, im zweiten Quartal ist die genaue Zahl unbekannt. Da jede Person zwei Dosen erhalten muss, können in Summe mit dem Biontech-Impfstoffen etwa sechs Millionen Österreicher immunisiert werden. 

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bedankte sich bei Von der Leyen, die "dafür alle Hebel in Bewegung gesetzt" habe. Die Beschaffung von weiteren 300 Millionen Impfdosen von Biontech/Pfizer sei ein wichtiger Erfolg für die EU, der das Kontingent verdoppelt.

"Wir dürfen keinen weiteren Tag im Kampf gegen die Pandemie verlieren. Die Impfungen sind dabei der Gamechanger. Hier müssen wir alle uns zur Verfügung stehenden Mittel nützen, seien es weitere Beschaffungen, weitere Zulassungen, ein Hochfahren der Produktion oder eine 6. Impfdose pro Fläschchen. Mit den zusätzlichen EU-Kontingenten von Biontech/ Pfizer, die Ursula von der Leyen verhandelt hat, können wir in Österreich bereits im zweiten Quartal 1,5 Mio Impfdosen zusätzlich bekommen", erklärte Kurz.

Landeshauptleute wollen Koordination in ihrer Hand

Das Biontech/Pfizer-Präparat war am 21. Dezember als erster Corona-Impfstoff in der EU zugelassen worden. Am Mittwoch wurde auch das Mittel des US-Herstellers Moderna genehmigt. Bereits im November hatte die EU-Kommission für alle 27 Staaten bis zu 300 Millionen Impfstoffdosen von Biontech/Pfizer bestellt - eine feste Bestellung von 200 Millionen Dosen und eine Option auf 100 Millionen weitere, die vor kurzem gezogen wurde. Sowohl Biontech als auch die EU-Kommission hatten zuletzt bestätigt, dass über weitere Lieferungen verhandelt werde.

Wer dann dafür zuständig ist, den Impfstoff in Österreich zu verimpfen, darüber herrscht in Österreich noch immer keine Einigkeit. Bund und Länder wollten heute bei einer Videokonferenz das Vorgehen bei den Corona-Impfungen besprechen. Der Tiroler Günther Platter und der Vorarlberger Markus Wallner übten dabei scharfe Kritik am Bund, weil dieser zu "bürokratisch" agiere. Unterstützung bekam sie vom Steirer Hermann Schützenhöfer (alle ÖVP), der heute den Vorsitz der LH-Konferenz übernommen hat.

"Die Koordination der Dosen, die wir wöchentlich bekommen, sollen dem Land überantwortet werden", sagte auch Schützenhöfer. Er kritisierte die zeitverzögerte Weiterleitung von Zahlen: "Wie viele sich gestern gemeldet haben, erfahren wir heute von der Bundesbeschaffung. Da sind wir oft mit verschiedenen Zahlen konfrontiert", erläuterte Schützenhöfer.

Gegen Kritik gewehrt

Die EU-Kommission hatte sich stets gegen die Kritik an einem Impfstoffmangel gewehrt. Die Zahl der Impfstoffe reiche aus, die Mittel müssten jedoch erst produziert werden, betonte ein Sprecher. Die Impfkampagne habe gerade erst begonnen. Im Moment sei nicht die Zahl der Bestellungen, sondern die Produktionskapazitäten der Unternehmen seien der Flaschenhals, hieß es aus der Brüsseler Behörde.

In Deutschland wird derzeit an einem neuen Produktionsstandort von Biontech in Marburg gearbeitet. Wenn dieser wie geplant im Februar in Betrieb gehe, dann könne das Unternehmen die Impfstoffproduktion massiv ausbauen, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn jüngst. „Das führt zu früheren Lieferungen bestellter Dosen.“

Neben Biontech/Pfizer gibt es bereits Rahmenverträge mit fünf weiteren Herstellern. Inklusive des neuen Vertrags mit Biontech/Pfizer kann die EU nun insgesamt mehr als zwei Milliarden Dosen beziehen. Von Moderna hat die EU-Kommission bis zu 160 Millionen Dosen gesichert.

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