Von der Leyen will ab 2027 kein Öl mehr aus Russland importieren

von Simone Weiler, Paris
Es war im Sommer 2017, als Frankreichs neu gewählter Staatschef Emmanuel Macron den russischen Präsidenten Wladimir Putin mit großem Pomp im Schloss Versailles empfangen hat – eine Ehre, die nur wenigen ausländischen Staats- und Regierungschefs zuteilwird. Der zweitägige EU-Sondergipfel knapp fünf Jahre später am selben Ort, der gestern begann, zeigte das brutale Scheitern aller Versuche, einen vertrauensvollen Dialog mit Putin aufzubauen.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mahnte Europa zur Einigkeit und Stärke. "Europa muss sich auf alle Szenarien einstellen", sagte Macron am Donnerstag in Versailles. "Ich bin besorgt und pessimistisch", sagte der Präsident zur Lage in der Ukraine. "Es wird keine Lösung in den nächsten Stunden und Tagen geben." Dennoch halte er den intensiven Kontakt zu Kremlchef Wladimir Putin aufrecht. "Wir sprechen in den kommenden Stunden erneut mit Putin."
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ließ mit einem Vorschlag auf Twitter aufhorchen: Die Europäische Union sollte ab 2027 kein russisches Gas oder Öl mehr importieren. Sie kündigte per Tweet an, Mitte Mai einen entsprechenden Plan vorzuschlagen. Wegen der Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine auf die Energiepreise will von der Leyen zudem eine vorübergehende Preisdeckelung vorschlagen.
Deutschlands Kanzler Olaf Scholz widersprach und wollte ausdrücklich keinen Importstopp nach dem Vorbild der USA.
In einem Entwurf für die Schlusserklärung des Treffens war die Rede von einer durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine geschaffenen "neuen Realität".
"Wir sind bereit, schnell zu reagieren, wenn weitere Sanktionen nötig sein sollten." Auch fand der Artikel 42 des EU-Vertrags Erwähnung in dem Dokument. Der Bezug auf die Beistandsklausel war ein klares Bekenntnis zur Solidarität aller EU-Mitgliedstaaten im Fall eines bewaffneten Angriffs.
Drei Hauptschwerpunkte setzte man sich für die Diskussionen: Die Stärkung der eigenen Verteidigungsfähigkeiten mit mehr Geld für die Armeen und "innovative Technologien", der Abbau der Energie-Abhängigkeit von Russland und die Schaffung einer robusten wirtschaftlichen Basis, um die Kriegsfolgen abzufedern. Bis Ende Mai solle die Kommission einen Plan namens "RePowerEU" vorlegen, um möglichst schnell nicht mehr auf russische Energieimporte angewiesen zu sein, unter anderem durch den beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien, die vermehrte Einfuhr von Flüssiggas (LNG), Biomethan und Wasserstoff sowie eine bessere Energie-Effizienz.
Teuerung abfedern
Parallel dazu wurden "konkrete Optionen" gefordert, um die Auswirkungen steigender Energiepreise auf die Bürger und die Wirtschaft abzufedern.
EU-Ratspräsident Charles Michel kündigte an, es werde über den Beitrittsantrag der Ukraine diskutiert. Aus dem Élysée-Palastes verlautete, es gebe unterschiedliche Positionen. Ein EU-Beitritt sei ein komplizierter Vorgang und könne nicht "an einem Wochenende" entschieden werden. Frankreich gehört neben Österreich und Deutschland zu den Ländern, die bei der Frage bremsen, während östliche EU-Staaten wie Polen, Litauen und Slowenien für eine Beitrittsperspektive für die Ukraine eintreten. Unabhängig davon wolle man die Partnerschaft mit dem Land vertiefen, hieß es.

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