Dennoch wollten sich auch die afrikanischen Staaten in einer Union ähnlich der Europäischen organisieren. „Gelungen ist das aber nur sehr oberflächlich, die Schlagkraft der Afrikanischen Union‘ (AU) ist mehr als begrenzt“, analysiert im KURIER-Gespräch der Wiener Universitätsprofessor und Afrika-Kenner Walter Sauer. Dafür seien mehrere Punkte verantwortlich.
Politische Gründe
„In einigen Fragen gibt es diametral unterschiedliche Ansätze. Etwa, ob die Westsahara jetzt ein eigener Staat oder doch Teil Marokkos sei“, betont Sauer . Dazu käme, dass manche Staatsführer primär ihre eigenen Interessen verfolgten. Andere wiederum würden Beschlüsse auf AU-Treffen in der Heimat derart rudimentär bis gar nicht kommunizieren, sodass keine Entwicklung passieren könne. Auch dass die Zivilgesellschaften in den allermeisten afrikanischen Staaten nicht in die politischen Prozesse eingebunden seien, sieht der Experte als Hemmschuh.
Wirtschaftliche Gründe
Aufgrund einer neoliberalen Ausrichtung der Volksökonomien versuche jedes Land, für sich das Beste herauszuholen, statt gemeinsam aufzutreten, „das schwächt das politische Gesamtprojekt“, führt der Wissenschafter aus.
Konflikte
Immer mehr Mitglieder der AU scheinen zu „gescheiterten Staaten“ zu verkommen. Von Somalia westwärts zieht sich mittlerweile ein Gürtel aus mehr oder weniger unregierbaren Ländern in der Sahelzone. Das schwächt die AU und ist bedrohlich für die EU. In anderen Regionen haben Zentralregierungen die Kontrolle über bestimmte Gebiete komplett verloren, im Osten des Kongos etwa, wo Warlords um die reichen Bodenschätze kämpfen.
Trotz dieser Defizite plädiert Walter Sauer für einen Dialog zwischen Europäern und Afrikanern „auf Augenhöhe“. Diesen sieht er derzeit aber nicht gewährleistet: „Da geht es einerseits um Rohstoffe und andererseits um die Rückführung von Migranten.“
Aktuell entfallen 36 Prozent des afrikanischen Außenhandels auf EU-Länder, 17 Prozent auf China – mit steigender Tendenz. „Allerdings sind die Chinesen nicht sehr populär, einige Staaten können die von Peking gewährten Kredite nicht mehr zurückzahlen und müssen jetzt etwa Häfen an sie verpfänden“, so der Uni-Professor. Das erzeuge böses Blut. Umgekehrt böten sich gerade hier „Chancen“ für Europa, wenn man auf „Augenhöhe“ verhandle.
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