Erdoğans Politik ist "nicht anderes als Faschismus"

Erdoğans Politik ist "nicht anderes als Faschismus"
Türkischer Einmarsch in Nordsyrien: Ex-Grün-Mandatarin Berivan Aslan fordert EU-Sanktionen gegen Ankara.

Wenn es um die Verteidigung der Kurden ging, nahm sich die ehemalige österreichische Grün-Abgeordnete Berivan Aslan nie ein Blatt vor den Mund. Anfeindung waren die Folge, immer wieder erhielt sie Staatsschutz. Einschüchtern ließ sie sich nie, auch jetzt nicht. Nach dem Angriff der Türkei auf die nordsyrischen Kurden äußerte sie auf ihrer Facebook-Seite den Verdacht von Kriegsverbrechen. „Und jetzt ist meine Seite seit Sonntag ,weg’, gehackt offenbar von der Türkei aus, die Sprache wurde auf Arabisch geändert, meine Beiträge wurden gelöscht“, so die 38-Jährige.

"Ethnische Säuberungen"

Doch sie bleibt bei ihrer Kritik: „(Der türkische Präsident) Erdoğan kriminalisiert ein ganzes Volk, die Kurden eben. Das ist nichts anderes als Faschismus“, sagt Berivan Aslan im KURIER-Gespräch am Dienstag, „seine Politik in Nordsyrien zielt auf ethnische Säuberungen ab.“ Das Argument des Staatschefs, eine Pufferzone zu „Terror-Banden“ schaffen zu müssen, sei vollkommen unglaubwürdig, betont die Ex-Mandatarin, die jetzt an der WU in Wien Assistentin für Wirtschaftsstrafrecht ist: „Als der IS in Kobane war, also direkt an der türkischen Grenze, war das für Erdoğan kein Problem.“

Innenpolitische Motive

Der „völkerrechtswidrige Angriffskrieg“ der Türkei sei keinesfalls mit Selbstverteidigung zu rechtfertigen, zumal es nie grenzübergreifende Attacken der nordsyrischen Kurden gegeben habe. Die Motive seien vor allem innenpolitische: „Die Wirtschaftslage ist schlecht, die CHP-Opposition hat fast alle großen Städte erobert, und auch innerhalb der AK-Regierungspartei bröselt es. Doch mit nationalistischen Tönen und einem militärischen Vorgehen gegen die Kurden kann man in der Türkei immer punkten.“

Südtirol-Autonomie als Vorbild

Von der Haltung der EU ist Berivan Aslan, die mit ihren Eltern im Alter von vier Jahren nach Tirol kam, enttäuscht. „Schon im Fall Afrin (begrenzter türkischer Vorstoß gegen die Kurden im Vorjahr) hat die EU nur zugeschaut, und Erdoğan hat sie zum Kniefall gezwungen. Mit der verfehlten Flüchtlingspolitik, in der sich die Mitgliedsstaaten nie auf eine gemeinsame Strategie einigen konnten, hat sich Brüssel in Erdoğans Sackgasse begeben.“

Einzig und allein Wirtschaftssanktionen könnten die Türkei jetzt noch stoppen. Langfristig müsse für die nordsyrischen Kurden eine politische Lösung her, fordert die Juristin. Dabei schwebt ihr eine Autonomieregelung vor, wie sie die Südtiroler haben. Walter Friedl

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