Abschied von Erdogans Erzfeind: Fethullah Gülen in den USA beigesetzt
Bei einer Trauerfeier für den verstorbenen "Staatsfeind Nr. 1" der türkischen Führung, Fethullah Gülen, haben Hunderte Menschen Abschied von dem islamischen Geistlichen genommen.
Gülen sei nach einer Trauerfeier in einem Stadion im US-Bundesstaat New Jersey im Garten seines Anwesens in Saylorsburg (Pennsylvania) begraben worden, schrieb die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu.
Erdogan bezeichnet ihn als "Oberverräter"
Gülen war am Sonntag in einem Krankenhaus in dem Bundesstaat gestorben. Er hatte seit Jahren im Exil in den USA gelebt. Aus seiner "Hizmet"-Bewegung hieß es, der zuletzt 83-Jährige sei schon seit einigen Jahren gesundheitlich angeschlagen gewesen.
Der im türkischen Erzurum geborene Gülen geriet wegen seines religiösen Wirkens immer wieder in Konflikt mit dem kemalistischen türkischen Staat und verließ das Land 1999, kurz bevor ein Verfahren gegen ihn aufgenommen wurde. Bis zum öffentlichen Bruch 2013 war Gülen Verbündeter des heutigen türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Seine Bewegung ist heute ein internationales Netzwerk, das unter anderem Schulen und andere Einrichtungen betreibt und auch in Österreich aktiv ist. Nach außen hin präsentiert sich die "Hizmet"-Bewegung als offen für säkulare Bildung und Wissenschaft und am interreligiösen Dialog interessiert. Manche Beobachter stufen es allerdings als sektenähnlich ein.
Erdogan und auch weite Teile der Opposition in der Türkei sehen ihn als Drahtzieher des Putschversuchs von 2016. Erdogan nannte ihn nach seinem Tod noch einen "Oberverräter". Gülen bestritt zeit seines Lebens eine Beteiligung an dem Putschversuch. Auch der Chef des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND), Bruno Kahl, bestätigte 2017 gegenüber dem "Spiegel", dass die Türkei den deutschen Auslandsnachrichtendienst nicht von einem extremistischen oder gar terroristischen Charakter von Gülens Bewegung überzeugen konnte.
Streit über Nachfolge Gülens
Der "Hizmet"-Bewegung wird vorgeworfen, den Staat und seine Institutionen über Jahre unterwandert zu haben. Nach dem Putschversuch ging der türkische Staat radikal gegen mutmaßliche Putschisten und Anhänger Gülens, aber auch gegen Oppositionelle vor. Per Dekret wurden damals mehr als 100.000 Staatsbedienstete entlassen und Zehntausende Menschen verhaftet. Das Vorgehen wurde von vielen Seiten als unverhältnismäßig kritisiert.
Seit dem Tod Gülens streitet die Bewegung Berichten zufolge über seine Nachfolge - auch darum sei der Verstorbene erst fünf Tage nach seinem Tod beigesetzt worden, spekulierten türkische Medien. Im Islam sollen Menschen nach ihrem Tod in der Regel so schnell wie möglich beerdigt werden.
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