Erdogan droht Österreich: "Glaubt ihr, wir werden tatenlos zusehen?"
Die Entscheidung Österreichs, Moscheen zu schließen, bringe die Welt in Richtung eines "Krieges zwischen Kreuzrittern und Halbmond", sagte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Samstagabend bei einem Fastenbrechen.
Der Westen selber müsse seine Leute zur Ordnung rufen. Wenn das nicht geschehe, würden die Rechnungen "auf andere Art beglichen".
"Was also? Sie wollen unsere Religionsvertreter aus Österreich hinauswerfen. Glaubt ihr, wir werden tatenlos zusehen, wenn ihr das macht? Das heißt, wir werden auch Maßnahmen ergreifen", sagte Erdogan laut türkischen Medienberichten. Welche Maßnahmen das sein würden, blieb offenbar ohne konkrete Ausführung.
Erdogan befindet sich derzeit im Wahlkampf. Die österreichische Regierung hat am Freitag im Rahmen einer umfassenden, politischen Inszenierung angekündigt, sieben Moscheen zu schließen und bis zu 60 von der Türkei finanzierte Imame und ihre Familien auszuweisen. Diese würden gegen das Islamgesetz verstoßen, so die Argumentation. Kritiker wenden ein, dass der Zeitpunkt unmittelbar vor den türkischen Wahlen ein Geschenk an Erdogan, der in der Aufregung seine Leute besser mobilisieren könne.
Die Schließung von sieben Moscheen in Österreich durch die schwarz-blaue Bundesregierung ist am Wochenende (Samstag-und Sonntagsausgaben) auch von internationalen Zeitungen kommentiert worden:
"NZZ am Sonntag" (Zürich):
"Der richtige Weg gegen radikale Imame. Die Mitte-Rechts-Regierung von Kanzler Sebastian Kurz hat die Ankündigung diese Woche zwar effekthaschend inszeniert. Und doch zeigt Kurz, dass es einen rechtsstaatlich sauberen Weg gegen fragwürdige Moscheen gibt. Dazu braucht es keine Religionspolizei und keine Gesinnungstests. Als wirkungsvoll erwiesen hat sich vielmehr das seit 2015 geltende Verbot der Auslandsfinanzierung muslimischer Gemeinden. Denn diese ist oft mit Indoktrination verbunden, wie der konkrete Fall zeigt: Die betroffenen Imame ließen sich laut den Ermittlern indirekt von der türkischen Regierung finanzieren und verbreiteten deren Propaganda. Österreich beweist somit, dass es sich lohnt, dem Geld zu folgen. Daraus sollte man in der Schweiz lernen, wo der radikale Islam ebenfalls Anlass zur Sorge gibt. Ein erster Schritt wäre, die religiösen Gemeinschaften hierzulande zu finanzieller Transparenz zu verpflichten. Damit würde die Religionsfreiheit nicht beschnitten. Aber sichergestellt, dass die, die sich darauf berufen, keine finsteren Ziele verfolgen."
"Süddeutsche Zeitung" (München):
"Im Umgang mit jeder Form von Extremismus hat der Staat zwei Aufgaben: Er muss wachsam sein, und er darf nicht alarmistisch sein. Die Wachsamkeit schützt vor Gefahren, der Alarmismus ist gefährlich, weil er die Verhältnismäßigkeit aushebelt und Ängste schürt - und weil Populisten mit diesen Ängsten Politik betreiben. Vor diesem Hintergrund kann man Österreichs Regierung Wachsamkeit bescheinigen, wenn sie nun Moscheen schließt, in denen rechtsradikale Graue Wölfe oder Salafisten ihr Unwesen treiben. Hier darf der Staat nicht wegschauen, weil Hassprediger die Saat ausstreuen können für Terror und Gewalt.
Mit der Art der Ankündigung dieser Maßnahmen jedoch hat sich diese Regierung zugleich dem akuten Alarmismus-Verdacht ausgesetzt. Wenn sehr kurzfristig eine Pressekonferenz angesetzt wird, auf der Kanzler, Vizekanzler und obendrein noch zwei Minister in eiliger Vierfaltigkeit auftreten, dann wirkt das fast grotesk und in jedem Fall grob übertourt. Dies verrät das Kalkül der beteiligten Politiker von Volkspartei und FPÖ, mit diesem sensiblen Thema auf populistische Art zu punkten. Es ist die Fortsetzung des österreichischen Wahlkampfs mit regierungsamtlichen Mitteln. Systematisch wird so ein Klima geschaffen, in dem notwendige Differenzierungen keinen Platz mehr finden. Da wird nicht mehr zwischen Islam und Islamismus unterschieden, und Flüchtlinge sind nur noch 'illegale Migranten'. Es gibt gute Gründe, einer solchen Politik gegenüber wachsam zu sein."
"El Pais" (Madrid):
"Österreich schließt sich dem Krieg gegen die Minarette an. Die populistische und fremdenfeindliche Regierung von Sebastian Kurz hat die Schließung von sieben Moscheen und die Vertreibung von 60 Imamen angekündigt. (...) Diese österreichische Offensive ist Teil einer anti-muslimischen Welle. Das Land hat keine brutalen Angriffe erlitten, aber es hat die Flüchtlingskrise von 2015 erlebt. Aber Österreich hat viel ältere Referenzen. In historischer Hinsicht bedeutete der Islam für Jahrzehnte eine Bedrohung. Das Osmanische Reich belagerte wiederholt Wien zwischen 1529 und 1683. (...) Der österreichische Fall zeigt, dass Menschen die Fehler der Geschichte wiederholen und Sklaven von Angst und Vorurteilen sind."
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