Erdogan-Auftrittsverbot: Berlin warnt Türkei

Eine Anfrage der türkischen Regierung zu einem Auftritt Erdogans am Rande des G-20-Gipfels an Deutschland war abgelehnt worden. Türkische Politiker kritisieren Deutschland scharf.

Die politischen Wogen gehen beiderseits hoch. Die deutsche Regierung hat den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan im Vorfeld des am Freitag beginnenden G-20-Gipfels in Hamburg nachdrücklich gewarnt, entgegen dem Willen Berlins am Rande oder nach dem Gipfel in Deutschland vor Anhängern öffentlich zu sprechen. Anlass waren diesmal Gerüchte über einen möglichen Auftritt des türkischen Staatschefs in einem Generalkonsulat. Bereits zuvor war eine Anfrage für einen öffentlichen Auftritt auf Anfrage Erdogans von deutscher Seite abgelehnt worden.

"Für die Bundesregierung kann ich nur noch einmal bekräftigen, dass Auftritte dieser Natur mit einer hinreichend langen Vorlauffrist bei der Bundesregierung per Verbalnote ans Auswärtige Amt gerichtet zu beantragen wären", sagte der Sprecher des deutschen Außenministeriums, Martin Schäfer, am Montag. Alles andere wäre "ein Verstoß gegen den von der Bundesregierung zum Ausdruck gebrachten Willen, der wiederum fußt auf unserer deutschen Souveränität". Das gelte auch in Hinblick auf "Gerüchte", dass Erdogan etwa von einem Generalkonsulat aus sprechen und dies dann als Videobotschaft verbreitet werden könnte.

Er könne sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass es über die Frage "des Hoheitsgebietes auf diplomatischem oder konsularischem Gelände ernsthaft mit den Türken eine Meinungsverschiedenheit gibt", sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes. Er sprach von "Möglichkeiten, auf das Einfluss zu nehmen, was in unverletzlichen Räumlichkeiten von diplomatischen oder konsularischen Vertretungen vor sich geht". Dazu merkte er an: "Die gibt es. Das ist so".

Gabriel bekräftigt Verbot

Auch Außenminister Sigmar Gabriel hatte vor kurzem deutlich gemacht, dass er öffentliche Auftritte von Erdogan abseits des G-20-Gipfels Ende dieser Woche in Hamburg nicht akzeptiert. Dazu gehöre auch die Rede, die der türkische Präsident am Rande des G-20-Gipfels vor Deutschtürken in Hamburg habe halten wollen und von deutscher Seite verboten worden sei. "Das hat nichts mit Rede- oder Meinungsfreiheit zu tun, sondern obliegt den außenpolitischen Interessen Deutschlands. Die Konflikte mit der Türkei sind derzeit so groß und so stark, dass wir davon abraten, noch mehr Öl ins Feuer zu gießen, indem auf öffentlichen Veranstaltungen türkische Innenpolitik nach Deutschland getragen wird."

Außerdem ziehe Deutschland die Konsequenz aus dem letzten Wahlkampf der Türkei, in dem es von Erdogan als "Nazi-Deutschland" bezeichnet worden sei. "Das hat hier tiefe Verletzungen ausgelöst", sagte Gabriel im Gespräch mit Auslandskorrespondenten in Berlin am Montag.

Scharfe Kritik an Deutschland

Die türkische Führung hat das Auftrittsverbot für Staatspräsident Erdogan wenig überraschend umgehend scharf kritisiert. In Deutschland werde vor allem vor den Bundestagswahlen versucht, aus "Erdoganfeindlichkeit politischen Profit zu schlagen", sagte Erdogans Sprecher Ibrahim Kalin am Montag in der Hauptstadt Ankara. Auch wenn Erdogan davon abgehalten werde, sich mit türkischen Staatsbürgern in Deutschland zu treffen, könne das "Herzensband" zu ihnen nicht zerrissen werden, fügte Kalin hinzu. "Wir werden an anderen Orten, zu verschiedenen Zeiten und auf unterschiedliche Weise auch weiterhin immer mit ihnen sein. Daran soll keiner zweifeln."

Der stellvertretende Ministerpräsident Numan Kurtulmus warf Deutschland vor, Spannungen mit der Türkei zu schaffen. Das sei schon während der Kampagne fürs Referendum über ein Präsidialsystem so gewesen. "Leider nutzen manche deutschen Politiker die Türkeifeindlichkeit und vor allem die Erdoganfeindlichkeit als Mittel für ihre eigene Innenpolitik", sagte er.

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