Erdoğan ruft nach Erdbeben Notstand aus, schon mehr als 5.000 Opfer

Erdoğan ruft nach Erdbeben Notstand aus, schon mehr als 5.000 Opfer
Ausnahmezustand soll für drei Monate gelte. Viele sind verschüttet, Überlebende frieren, die Rettungsbemühungen laufen auf Hochtouren.

Einen Tag nach den verheerenden Erdbeben in der Türkei ruft Präsident Recep Tayyip Erdoğan den Notstand aus. Er gelte für drei Monate in zehn betroffenen Provinzen im Süden des Landes, sagte Erdogan am Dienstag. Zugleich erklärte er die Region zum Katastrophengebiet.

70 Länder hätten inzwischen Hilfe bei den Such- und Rettungsmaßnahmen angeboten, sagte Erdoğan weiter. Die Regierung plane zudem, von den schweren Erdstößen betroffene Menschen vorübergehend in Hotels in der westlich gelegenen Tourismusmetropole Antalya unterzubringen.

Zwei tote Österreicher

Die Zahl der Todesopfer in der Türkei stieg seinen Angaben zufolge inzwischen auf 3549. Im benachbarten Syrien starben bei den Erdstößen mehr als 1400 Menschen. Das Beben vom Montag war das schwerste in der Türkei seit einem Beben ähnlicher Stärke im Jahr 1999, bei dem mehr als 17.000 Menschen ums Leben kamen.

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Bisherigen Informationen zufolge wurden in der Südtürkei und in Nordsyrien zudem mehr als 23.500 Menschen verletzt als tausende Gebäude einstürzten. Zahlreiche Länder sagten Unterstützung zu, aus Österreich machte sich eine Bundesheereinheit auf den Weg. Unter den Toten sind nach Angaben der Bundesregierung auch zwei Österreicher.

Retter in Syrien vermuten, dass noch immer Hunderte Familien unter den Trümmern begraben sind. Die Suche über Nacht sei aufgrund von Sturm und fehlender Ausrüstung nur "sehr langsam" verlaufen, hieß es von den Weißhelmen, die in den von Rebellen gehaltenen Gebieten Syriens aktiv sind. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte seien zudem auch Mediziner überfordert und könnten nicht allen Verletzten das Leben retten.

 

Großflächige Stromausfälle

Dienstagfrüh berichtete eine Augenzeugin, im südtürkischen Hatay sei der Strom ausgefallen. Hilfe werde dringend benötigt. Die Tankstellen hätten kein Benzin mehr und es gebe kein Brot zu kaufen. Auch in der Nachbarprovinz Osmaniye sei der Strom ausgefallen, sagte eine Reporterin des Senders CNN Türk.

In der südosttürkischen Metropole Diyarbakir verbrachten viele Menschen die Nacht draußen, in Schulen oder Moscheen. Die Menschen hatten Angst, in ihre Häuser zurückzukehren. Mehrere Nachbeben seien zu spüren gewesen und es sei bitterkalt. Die Zelte der Katastrophenschutzbehörde Afad seien nicht beheizt und reichten nicht aus.

In Syrien haben die verheerenden Erdbeben nach UN-Angaben vor allem Menschen getroffen, die ohnehin schon schutzlos unter desaströsen Bedingungen lebten. Viele Binnenflüchtlinge, die vor der Katastrophe in baufälligen Unterkünften wohnten, mussten die Nacht bei Schnee und eisigen Temperaturen im Freien verbringen, wie eine Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR sagte.

Einige der betroffenen Gebiete seien zudem abgelegen und nur schwer erreichbar. Es gebe unter anderem nicht genügend Notunterkünfte, Decken und warme Kleidung für die Erdbebenopfer. In dem Bürgerkriegsland leben rund 6,8 Millionen Binnenvertriebene.

Mehr als 13 Mio. Betroffene, Türkei bittet bei NATO um Hilfe

Im Katastrophengebiet herrschen Temperaturen um den Gefrierpunkt. Viele Menschen können nicht in ihre Häuser zurück, weil diese eingestürzt sind oder eine Rückkehr angesichts der zahlreichen Nachbeben zu gefährlich wäre.

Mehr als 13 Millionen Menschen in der Türkei sind nach Einschätzung der Regierung von der Erdbebenkatastrophe betroffen. "Dieses Erdbeben hat 13,5 Millionen unserer Bürger direkt betroffen", sagte Städteminister Murat Kurum am Dienstag.

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Die Türkei bat ihre NATO-Partner unter anderem um drei für extreme Wetterbedingungen geeignete Feldkrankenhäuser und Personal dafür. Der türkische Vizepräsident, Fuat Oktay, teilte am späten Montagabend mit, dass etwa 8.000 Verschüttete aus den Trümmern gerettet worden seien. Es wurden demnach sogar mehr als 20 Stunden nach dem ersten Beben weiterhin Menschen lebend geborgen. Allerdings schwinden die Chancen mit jeder Minute.

Hilfe kommt auch aus Österreich

Am Dienstag sollten 85 Soldatinnen und Soldaten der "Austrian Forces Disaster Relief Unit" (AFDRU) in die Türkei abreisen, um dort Verschüttete zu retten. Nach bereits erfolgter Freigabe durch die EU wird sich das Erkundungsteam von Linz-Hörsching auf den Weg machen, am Vormittag am Flughafen Wien-Schwechat weiteres Equipment verladen und am Nachmittag werden die verbliebenen Kräfte abfliegen. Das Bundesheer würde daher gemeinsam mit freiwilligen Helfern und mit den örtlichen Rettungsorganisationen bei der Suche nach Verschüttenden helfen. Der Katastrophenhilfeeinsatz ist nach derzeitigen Planungen für etwa zehn Tage anberaumt, sagte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP).

Neben den Bundesheerkräften wird Österreich nach einer Anfrage der Türkei nach entsprechenden Kräfte beim Zivilschutzmechanismus der Europäischen Union ein Team aus Vorarlberg in das Gebiet schicken. Bei den 25 Spezialisten handelt es sich um Feuerwehrleute, vier Hundeführer der Bergrettung mit speziell ausgebildeten Hunden, sowie um drei Notärzte. Derzeit wird der Transport in die Türkei organisiert.

Erdoğan ruft nach Erdbeben Notstand aus, schon mehr als 5.000 Opfer

Hilfskräfte aus weiten Teilen der Welt trafen am Dienstag in der Türkei ein - auch aus dem weit entfernten Südkorea.

Griechenland schickte trotz der Spannungen mit der Türkei am Montag eine Rettungsmannschaft mit Spürhunden ins Erdbebengebiet. Eine israelische Hilfsdelegation ist in der Türkei angekommen, um dort nach den schweren Erdbeben bei der Suche nach Verschütteten zu helfen. Die EU-Staaten wollen sich untereinander abstimmen. Hilfszusagen kamen etwa auch aus Großbritannien, Indien, Pakistan, Finnland, Schweden, Russland, der von Russland angegriffenen Ukraine sowie den USA.

Nach derzeitigen Kenntnisstand sind keine österreichischen Staatsbürger unter den Opfern oder den Vermissten, hieß es auf APA-Anfrage aus dem Außenministerium in Wien. Mittlerweile haben sich einige betroffene österreichische Staatsbürger an das Außenministerium gewandt, die jedoch unversehrt waren. Eine verschüttete österreichische Staatsbürgerin konnte mit leichten Verletzungen geborgen werden. Das Außenministerium sowie die Vertretungen stehen mit allen Betroffenen in Kontakt und unterstützen diese dabei, eine ehestmögliche Rückflugmöglichkeit zu finden.

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