"Flexibler" Brexit fix: Spätestens am 31. Oktober sollen Briten aus EU raus

Theresa May beim Verlassen des EU-Gipfels in Brüssel.
Bis Ende Oktober ist jetzt Zeit für eine neue Lösung. Vorher wird aber noch gewählt.
  • Der EU-Gipfel hat sich in der Nacht auf Donnerstag auf eine Verlängerung der Austrittsfrist für die Briten bis 31. Oktober geeinigt.
  • Wobei das Austrittsdatum flexibel ist: Einigt sich das britische Unterhaus früher auf den Brexit-Deal, kann Großbritannien auch schon vor Ablauf der Frist austreten.
  • Danach sieht es aktuell jedoch nicht aus. Das britische Parlament lehnte Mays Austrittsvertrag bereits drei Mal ab.
  • Mit der Verlängerung bis Ende Oktober ist die Teilnahme der Briten an den EU-Wahlen vom 23. bis 26. Mai fix.

    Nigel Farage ist in bester Laune. Der frühere Chef der EU-feindlichen, britischen UKIP-Partei streift Mittwoch Nachmittag kampfeslustig durch die große Halle des Europäischen Rates und verkündet jedem, der es hören will: Er zieht in den Wahlkampf. Mit seiner neu gegründeten Brexit-Partei verfolgt der fanatische EU-Austrittsprediger ein klares Ziel: Wenn Großbritannien schon dazu gezwungen werde, noch einmal an den EU-Wahlen teilzunehmen, will er sein Möglichstes tun, die EU von innen zu stören.

    Der Wahlkampf hat also für die Briten schon begonnen, obwohl die erwartete Entscheidung des EU-Brexit-Sondergipfels am Mittwoch noch ausstand. Zum zweiten Mal binnen drei Wochen wollten die 27 EU-Staats- und Regierungschefs der Bitte der britischen Premierministerin Theresa May nachkommen, den Brexit zu verschieben. Dass es dafür Grünes Licht geben wird, war schnell klar. Unsicher war nur noch der Termin. Als mögliche neue Austrittsdaten kursierten zunächst der 31. Dezember 2019 und der 30. März 2020. 

    Lediglich der französische Präsident Emmanuel Macron hat sich am Ende gegen die längere Verschiebung gewehrt. Er warnte vor einer Verschiebung über den 30. Juni hinaus. Die Entscheidung musste einstimmig erfolgen.

    Am Ende einigte man sich auf den 31. Oktober - EU-Ratspräsident Donald Tusk bestätigte kurz nach Mitternacht auf Twitter die Verschiebung. May stieß nach Mitternacht wieder zum Sondergipfel - und akzeptierte die von der EU vorgeschlagene Verschiebung um sechs Monate. 

    Damit konnte die EU einen Kompromiss zwischen den Vertretern eines nur sehr kurzen Aufschubs und jenen, die eine Verlängerung bis Ende 2019 oder sogar März 2020 präferierten, erzielen.

    May hält Austritt vor EU-Wahl für möglich

    Erstaunlich: Theresa May hält einen EU-Austritt ihres Landes vor der Europawahl Ende Mai nach wie vor für möglich. Und das, obwohl der von ihr ausverhandelte Deal zuletzt drei Mal durch das britische Unterhaus fiel. Grundsätzlich gilt: Wenn es gelingt, das Austrittsabkommen bis zum 22. Mai zu ratifizieren, muss sich Großbritannien nicht an der Europawahl beteiligen, sagte May nach dem Sondergipfel.

    Wie lange ist genug?

    Sowohl das Vereinigte Königreich als auch die 27 EU-Staaten wollten einen harten Brexit, also einen Ausstieg Großbritanniens ohne geregeltes Scheidungsabkommen, unbedingt vermeiden. 

    "Wahrscheinlich läuft die Verlängerung über den 30. Juni hinaus", sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz bereits vor seiner Ankunft in Brüssel. Deutschlands Regierungschefin Angela Merkel und EU-Ratspräsident Donald Tusk hingegen sprachen sich für einen Verbleib bis Jahresende oder sogar bis 30. März kommenden Jahres aus. Sollte Großbritannien innerhalb dieses Zeitrahmens das Austrittsabkommen dann doch noch verabschieden, könne es am 1. des folgenden Monats geregelt und ohne weiteres Chaos aus der EU austreten.

    Die Störenfriede

    Mit der nunmehrigen Einigung auf die Frist 31. Oktober ist nun die EU-Wahl im Fokus. Und dann, so stellte Merkel klar, "muss es bei Entscheidungen in den europäischen Institutionen konstruktiv und verantwortungsvoll mitwirken". Dass es aber genau anders herum kommen könnte – diese Ängste schürt der in Brüssel umtriebige Farage. Zuvor hatte schon der Tory-Abgeordnete und Brexit-Hardliner Jacob Rees-Mogg auf Twitter gefordert: Sollten die Briten noch länger „in der EU feststecken“, dann sollten sie für die EU-Partner "so schwierig wie möglich" sein.

    Mit einer Verschiebung des Brexit im Gepäck wird die Premierministerin May dann abermals versuchen, einen Ausweg aus dem Brexit-Chaos zu suchen. Die Gespräche mit der Labour-Opposition laufen weiter.

    In Brüssel wurden schon erste Befürchtungen laut, dass man sich zu Jahresende vor der genau selben Situation wiederfinden könnte wie jetzt: Ein drohender harter Brexit und keine Lösung in Sicht.

    "Theoretisch kann man immer weiter verlängern", sagte Brexit-Verhandler Schusterschitz. "Oder aber man setzt irgendwann doch den No-Deal an."

    Tim Cupal analysiert aus Brüssel

    Kommentare