Vielen Iranern galt Soleimani wegen seiner führenden Rolle im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) sowohl im Irak als auch in Syrien als Held. Auch durch die westliche Berichterstattung, die ihn zum iranischen "Mastermind" schlechthin stilisierte, wurde er in seiner Heimat zur Symbolfigur.
"Agent des Terrors"
Eine Symbolfigur, aber eine mit handfester militärischer Wirkungsmacht. Im Bürgerkriegsland Syrien, so heißt es bei Freund und Feind, sei Soleimanis Strategie entscheidend dafür gewesen, dass Diktator Baschar al-Assad die Rebellen zurückschlagen und wichtige Städte zurückerobern konnte. Kanadas ehemaliger Außenminister John Russell Baird nannte Soleimani einmal einen "Agenten des Terrors in der Region", der lediglich als ein Held, der den IS bekämpft, verkleidet sei.
Naturgemäß war Soleimani auch ein enger Vertrauter des Obersten Führers des Iran, Ajatollah Ali Khamenei, galt er doch als überaus erfolgreich bei Irans Kampf um Einfluss in der Golfregion und im Nahen Osten.
Im Iran gibt es neben der regulären Armee auch noch die sogenannte Iranische Revolutionsgarde, eine paramilitärische Organisation, die an der Seite der offiziellen Streitkräfte kämpft. Innerhalb dieser iranischen Revolutionsgarde sind die Al-Quds-Brigaden die Elite-Einheit - angeführt bis zu dessen Tod von General Soleimani.
De facto sind die Al-Quds-Brigaden die Militäreinheit des Iran für das Ausland, insbesondere für die islamischen Staaten in der Region. Bereits Ende der 1990er Jahre hatte Soleimani das Kommando der Einheit übernommen.
Kampferprobt von Afghanistan bis Syrien
In vielen Ländern spielte der mit 62 Jahren getötete Soleimani eine wichtige strategische Rolle und vertrat die Interessen Teherans mit brutalen Mitteln - in Afghanistan, im Libanon, in Syrien, nun wieder im Irak. Dort war Soleimani schon früher aktiv gewesen - in blutiger Opposition zu den USA. Die Vereinigten Staaten machen Irans Truppen im Irak unter Soleimani zwischen 2003 und 20011 für den Tod von mehr als 600 amerikanischen Soldaten verantwortlich.
Als sich US-Präsident Donald Trump im Juli 2018 zum Beispiel Drohungen aus dem Iran verbat, kam die Antwort nicht etwa von Irans Präsident Hassan Rouhani, sondern von General Soleimani. "Der Militär war möglicherweise noch einflussreicher als der iranische Führer", erinnerte die New York Times an diesem Freitag.
Zwar war der General auch in Syrien ein natürlicher Gegner der USA. Sowohl in Syrien als auch im Irak gab es aber zeitweise auch einen gemeinsamen Gegner von Teheran und Washington: die Terror-Miliz des IS.
Sturm auf US-Botschaft in Bagdad
Auch heute agieren der Iran und die USA im äußerst instabilen Irak als Erzfeinde – beide Staaten versuchen, entscheidenden Einfluss zu üben.
In den vergangenen Wochen und Tagen spitzte sich die Lage im Irak zu. Schon seit Monaten gibt es Bürgerproteste gegen die Regierung. Die Iraker machen diese verantwortlich für die schlechte soziale Lage und die grassierende Korruption. Der schiitische Ministerpräsident Adel Abdel Mahdi hatte im November seinen Rücktritt angekündigt, sobald ein Nachfolger gefunden sei. Die Demonstrationen wurden immer wieder brutal niedergeschlagen.
Am 31. Dezember eskalierte die Situation weiter, als wütende Demonstranten das Gelände der amerikanischen Botschaft in Bagdad stürmten. Das Gebäude liegt in der besonders gesicherten Grünen Zone in der irakischen Hauptstadt. Davor hatten die USA am Wochenende mehrere Luftangriffe gegen schiitische Milizen im Irak geflogen und dabei 25 Menschen getötet. Die USA machten den Iran für den Sturm auf ihre Botschaft verantwortlich - und damit auch Soleimani.
"Dynamit in Pulverfass geworfen"
Die US-Republikaner rechtfertigen das tödliche Attentat auf Soleimani, das auf direkten Befehl von Präsident Donald Trump durchgeführt wurde, nun als einen Akt der Selbstverteidigung mit dem Ziel, künftige Attacken auf amerikanische Soldaten in der Region zu verhindern.
Nachdem der im Iran populäre Soleimani aber nicht nur militärisch, sondern auch politisch ein Machtfaktor war, dürften die Folgen im Nahen Osten weitreichend und unkalkulierbar sein. Der demokratische Ex-US-Vizepräsident Joe Biden und mögliche Gegner Trumps im kommenden US-Wahlkampf warf diesem bereits vor, er habe mit der Liquidierung von Soleimani "eine Stange Dynamit in ein Pulverfass geworfen".
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