Gestern waren in ganz Italien die Flaggen auf halbmast gesetzt, Premier Draghi kam nach Bergamo. Am monumentalen Friedhof der Stadt hat er der Opfer gedacht, danach der Einweihung des „Bosco della memoria“, dem Wald des Gedenkens, beigewohnt.
Statt eines Marmordenkmals ein lebendiges und atmendes Lebewesen, „das seine Wurzeln in die Vergangenheit schlägt und gleichzeitig in die Zukunft blickt“, erklärte die Verantwortliche Elena Carletti. „Dieser Ort birgt nicht nur die Erinnerung an die vielen Opfer, derer wir heute gedenken. Er steht symbolträchtig für den Schmerz einer ganzen Nation“, hat Draghi in seiner Rede unterstrichen. „Der Respekt, den wir denjenigen schulden, die nicht mehr unter uns weilen, muss uns die Kraft geben, die Welt, von der sie geträumt hatten, wiederaufzubauen.“
Am Friedhof von Bergamo erblickt man überall frische Gräber. An einem dieser sitzt eine Frau auf einem Hocker und spricht zum Grabstein. Den Satz, den man hier immer wieder zu hören bekommt, ist: „Wer die Monate März und April vorigen Jahres nicht hier erlebt hat, der hat keine Ahnung, was wir durchgemacht haben.“
Don Matteo, Priester in der nahe gelegenen Gemeinde Nembro, erzählt dem KURIER: „Es gab Tage, an denen die Totenglocken und die Sirenen der Ambulanzen unentwegt schrillten. Das war so unerträglich, dass wir beschlossen, beide abzustellen, um den Menschen nicht noch mehr Angst zu machen.“
Am Donnerstag, um 20 Uhr, erklangen in Bergamo die Totenglocken, danach fand in der Kathedrale Sant’Alessandro ein Gedenkkonzert statt. Aufgeführt wurden Stücke von Vivaldi, Mozart und Händel und das „Dona Pacem“ für Soli, Chor und Orchester, das die Dirigentin Damiana Natali extra dafür komponiert hat. „Wobei ich das Wort Requiem bewusst nicht verwendet habe“, sagt sie dem KURIER. „Die Verstorben sollen in Frieden ruhen, doch auch wir Hinterbliebenen müssen unseren Frieden finden und in die Zukunft blicken.“
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