Vor allem gegen feindliche Kampfjets, ballistische Raketen, Marschflugkörper und Drohnen in einer Entfernung zwischen 35 und 160 Kilometern ist das Patriot-System wirksam.
Doch vor allem im Kampf gegen die Kamikaze-Drohnen erweist sich das System als unverhältnismäßig teuer: Eine Rakete kostet etwa drei Millionen Euro, eine iranische Kamikazedrohne etwa 20.000.
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Aus diesem Grund haben die ukrainischen Streitkräfte eigene Abwehreinheiten mit Pick Ups, Maschinengewehren, Scheinwerfern und Suchgeräten gebildet, die die Drohnengefahr kostengünstiger abwehren sollen. Bei dem Drohnenabgriff in der Nacht auf Mittwoch wollen die Ukrainer zehn von zwölf angreifenden Drohnen zerstört haben.
Munition droht auszugehen
Doch das Problem der ukrainischen Luftabwehr geht tiefer. Mindestens ein Fünftel der ehemals 250 S-300 Luftabwehrsysteme ist zerstört, viel eklatanter dürfte allerdings der Munitionsmangel sein. Der Vorrat an Raketen für das Sowjet-System ist erschöpft, gleichzeitig können die vom Westen gelieferten Systeme sie sowohl zahlen- als auch munitionsmäßig nicht ersetzen. Die S-300 und Buk-Systeme machten vor Kriegsbeginn 89 Prozent der ukrainischen Luftabwehr aus – und neben der kritischen Infrastruktur und zivilen Einrichtungen müssen die ukrainischen Streitkräfte auch ihre Soldaten an der Front schützen.
Treffen die US-Leaks der vergangenen Wochen zu, soll die S-300.Munition bis zum 3. Mai vollständig aufgebraucht sein. Bis zum 23. Mai soll die gesamte ukrainische Luftabwehr zum Schutz der eigenen Truppen an der Front „vollständig reduziert“ sein.
Bereits jetzt häufen sich die Berichte russischer Luftangriffe mit Kampfjets an der Front. Eine ukrainische Gegenoffensive ohne Luftabwehr ist aus militärischer Sicht undenkbar, das Risiko mindestens gleich eklatant wie der ukrainische Mangel an Artilleriemunition.
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Über welche westlichen Luftabwehr-Raketensysteme auf mittlere Distanz verfügt die Ukraine noch?
NASAMS
Dabei handelt es sich um ein modernes Boden-Luft-Raketenabwehrsystem. Die weitreichendsten Raketen von NASAMS können Ziele bis maximal 50 Kilometer bekämpfen, als Besonderheit nutzt NASAMS modifizierte Luft-Luft-Raketen, mit denen normalerweise Jets ausgerüstet werden. Diese "Zweitverwertung" ist kostengünstiger als eine komplette Neuentwicklung. Neun Systeme sollen sich in der Ukraine befinden.
IRIS-T
Vier Stück des hochmodernen „IRIS-T“ hat Deutschland der Ukraine zur Verfügung gestellt, zwei sind vor Ort. Ein arbeitsfähiges IRIS-System besteht aus mindestens einem Starter mit jeweils acht Raketen, einem 360-Grad-Radar und einem Kommandomodul. Es bildet eine Schutzglocke von 25 Kilometern Höhe und 40 Kilometern Radius. Die Raketen werden senkrecht gestartet und können in alle Richtungen abgefeuert werden. Das in Deutschland produzierte System ist so modern, dass es die Bundeswehr bis dato noch gar nicht bedient hatte.
Weiters sind im Bereich der Luftabwehr auf mittlere Distanz etwa acht Exemplare des in die Jahre gekommenen US-Systems „MIM-23 HAWK“ sowie ein französisch-italienisches „Aster“-System im Einsatz.
Am kommenden Freitag findet im deutschen Ramstein ein weiteres Treffen der wichtigsten Unterstützer der Ukraine statt: Vor den teilnehmenden 50 Nationen und internationalen Organisationen werden die Vertreter der Ukraine mit Sicherheit um mehr Kapazitäten für die Luftabwehr ansuchen.
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