Doch was ist dieses Spiel – und nach welchen Regeln funktioniert es, rätseln in den USA politische Beobachter. Schließlich lassen sich viele Bemerkungen des Präsidenten kaum noch ernst nehmen. So nannte er die Corona-Krise vor wenigen Tagen eine Prüfung, die ihm Gott auferlegt habe. Der habe ihn übrigens im Zwiegespräch dafür gelobt, „die beste Wirtschaft in der Weltgeschichte“ aufgebaut zu haben.
Unterstützung holt sich Trump neuerdings nicht nur von Gott, sondern auch von rechten Verschwörungstheoretikern. Die QAnon-Bewegung ist eine Gruppe, die über das Internet wirre Gerüchte verbreitet, etwa jenes, dass Hillary Clinton und ihre engsten Mitarbeiter Teil eines Kinderporno-Rings seien und außerdem Produkte aus Kinderblut konsumierten.
Gruppen wie QAnon und andere rechtsextreme Fanatiker haben sich schon im vergangenen Wahlkampf 2016 für Trump stark gemacht. Inzwischen aber bekommen sie dafür unverhohlen Lob aus dem Weißen Haus. „Leute, die unser Land lieben“, nennt Trump QAnon, und deren Unterstützung würde ihn sehr freuen.
So wirr und radikal wie seine Unterstützer wirkt in diesen Tagen auch Trumps Auftreten auf der politischen Weltbühne. Der Versuch, ein demnächst auslaufendes internationales Waffenembargo gegen den Iran zu verlängern, ist in der UNO gerade krachend gescheitert. Für Trump kein Grund einzulenken.
Jetzt will er verschärfte Sanktionen gegen den Iran wieder einführen – und zwar ausgerechnet mit Hilfe einer Klausel im 2015 in Wien ausgehandelten Atomabkommen mit dem Iran. Allerdings sind die USA unter Trump mit großem Trara aus diesem Abkommen ausgestiegen. Die EU – ebenfalls Vertragspartner – weigert sich daher, Trumps Vorstoß ernst zu nehmen.
Die USA seien einfach nicht mehr beim Atomabkommen dabei und könnten sich daher auch nicht darauf berufen. Den Präsidenten kümmert das wenig. Er beharrt auf seiner Haltung und steuert auf eine offene Kollision mit den Europäern im UN-Sicherheitsrat zu.
All diese politischen Eskapaden werden von fast täglichen Auftritten vor der Presse begleitet, die von Kommentatoren oft nur noch als „wild“ klassifiziert werden. Offene Zweifel an der geistigen Verfassung des 74-Jährigen sind in den großen US-Medien allerdings nicht zu finden. Die New York Times etwa beschränkte sich neulich darauf, die unzusammenhängenden Halbsätze Trumps in voller Länge abzudrucken.
"Verschlechternde geistige Gesundheit"
Deutlicher dagegen wird etwa der Schriftsteller David Masciotra auf der bekannten politischen Website Salon. Trump leide an einer „schweren Form von Geisteskrankheit“. Masciotra beruft sich dabei auf eine Stellungnahme von 350 Psychiatrie-Experten an den US-Kongress, in der von Trumps „sich verschlechternder geistiger Gesundheit“ die Rede ist.
Anderswo will man von geistiger Verwirrung des Präsidenten nichts wissen. Radikale Haltungen und schockierende Aussagen seien nichts anderes als Trumps Taktik, um von seinem Versagen in der Corona-Krise abzulenken, kommentiert etwa das politische Online-Magazin Business Insider: Trump und seine Kampagnen-Manager würden einfach alles versuchen, um das Thema zu wechseln, „und dazu gehört auch, verrückte und dumme Dinge zu sagen“.
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