Kamala Harris schreibt als erste Vizepräsidentin Geschichte

Kamala Harris schreibt als erste Vizepräsidentin Geschichte
Die private Seite der 56-jährigen Kalifornierin. Die erste Frau im Amt ist eine Spitzenjuristin und eine vielseitige Persönlichkeit.

Fast alle Kommentatoren sind sich darin einig, dass Kamala Harris im Kampf  der alten weißen Männer ein Versprechen an die Zukunft ist. Vielleicht sogar eines  Tages als Joe  Bidens Nachfolgerin?
Die Frau, die ab Jänner 2021 Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika  sein wird, ist damit die erste Frau  und die erste Person of Colour in diesem Amt.  „We did it! We did it, Joe“, postete sie auf Instragram ein Video, auf dem sie mit Biden telefonierte und strahlte.

Vielschichtig

Die 56-jährige Spitzenjuristin ist eine extrem vielschichtige Person: Rhetorisch scharf wie ein japanisches Sushi-Messer, aber auch einfühlsam und empathisch, temperamentvoll und lustig, sensibel und fantasievoll und experimentierfreudig als Hobbyköchin. Musikgeschmack: Hip-Hop und Rap. Eine richtig coole Person.

Ihr New Yorker Ehemann, der Anwalt Douglas Emhoff (56), wird als Gegengift „zur toxischen Männlichkeit“ eines Donald Trump beschrieben. „Er ist lustig. Er ist nett. Er ist geduldig. Er liebt meine Küche. Er ist ein großartiger Typ“, sagt Harris, die mit ihm erst seit 2014 verheiratet ist. Sie hatten sich auf einem von einer Freundin von Harris angeleierten Blind Date kennengelernt.  Emhoff brachte zwei heute erwachsene Kinder mit in die Ehe. Harris kam am 20. Oktober 1964 in Kalifornien als Tochter des jamaikanischen Wirtschaftsprofessors Donald Harris und der Brustkrebsforscherin Shyamala Gopalan auf die Welt. Die Mutter, eine Tamilin aus Madras in Indien, emigrierte 1960 in die USA. Der heute 82-jährige Vater war der erste schwarze Professor an der Elite-Universität Stanford.

Zunächst wuchs sie in Berkeley in der San Francisco Bay Area auf, nach der Scheidung der Eltern 1971 lebte sie aufgrund des Berufs der Mutter mit ihrer kleineren Schwester Maya zeitweise im kanadischen Montreal.  
Flexibel blieb Kamala auch in Glaubensfragen: Die bekennende Baptistin praktizierte mit der 1998 verstorbenen Mutter auch den Hinduismus. Privat bekennt sie sich dazu, leidenschaftliche Köchin zu sein und ist da sehr erfinderisch: Indisch angehauchte mediterrane Küche ist ihr am liebsten. Kochen ist für sie Stressbewältigung, sagte sie einmal. „Ich liebe, es auf Märkte zu gehen, Kochbücher zu lesen und Menschen zu bekochen. Und Gott sei Dank, meine Familie liebt es, zu essen.“

Wer dieser Frau in den sozialen Medien folgt, kriegt also nicht nur politische Botschaften, sondern auch Kochrezepte mitgeliefert.  Auf Instagram finden sich Videos und Fotos mit selbstgebrutzeltem Truthahn oder Aufläufen – und dazu Tipps.

Links und liberal

In ihrer Karriere war Harris immer auf der Überholspur. 1990 erhielt sie ihre Anwaltslizenz, in dieser Zeit war sie mit dem demokratischen Politiker Willie Brown liiert.  Im November 2010 wurde sie zur Generalstaatsanwältin des Staates Kalifornien gewählt. Als Attorney General übernahm sie auch Aufgaben eines Justizministers.

Sie beriet die  Regierung in Sacramento in Rechtsfragen. Weil sie gegen die Todesstrafe, für strengere Waffengesetze und für die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Ehen eintrat, gilt sie als links (liberal), aber auch als politisch geschmeidig und flexibel.

2017 wurde Harris in den US-Senat gewählt. Ihre scharfen Fragen in den wichtigen Ausschüssen für  Geheimdienste und Heimatschutz, für Haushalt und Justiz machten sie bekannt.
Anfang 2019 kündigte sie an, für das Präsidentenamt zu kandidieren. Sie schaffte es in jede TV-Debatte, stellte aber noch vor der ersten Vorwahl Ende Dezember 2019 wegen anhaltender Erfolglosigkeit in den Umfragen und aus Mangel an Spenden ihre Kampagne ein.  Joe Biden machte sie schließlich zu seiner Running Mate, obwohl sie ihn im Vorwahlkampf einmal mit ihrer Rhetorik  beinahe k.-o.-geschlagen hat. „Das kleine Mädchen im Bus war ich ...“ Dabei ging es um Bidens  Passivität als junger Senator im Kampf gegen die Rassentrennung.

Und nun soll Kamala Harris als seine Vizepräsidentin auch jene Dynamik einer neue Generation vermitteln, die dem eher hölzernen politischen Veteran Biden naturgemäß fehlt.

Kendrick Lamar und TLC

Wenn Harris Ende Jänner in den Amtssitz des Vizepräsidenten am Number One Observatory Circle in Washington einziehen wird, werden jedenfalls neue Töne angestimmt:  Statt Earth, Wind and Fire des amtierenden Vizepräsidenten Mike Pence werden „Love on Top“ von Beyoncé, „Waterfalls“ von TLC, „Juicy“ vom Notorious B.I.G und „Humble“ von Kendrick Lamar erklingen.

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