Drogen: Die andere Epidemie, die vor allem junge Amerikaner tötet
Knapp 100.000 Tote allein im Jahr 2020, überbelegte Kliniken, Langzeitfolgen, die ein normales Leben oft über Jahre unmöglich machen. Schlagworte, die an Covid erinnern und doch die andere verheerende Epidemie beschreiben, die Amerika im Vorjahr schlimmer denn je erfasst hat: Opioid-Sucht.
Es sind vor allem synthetische Präparate, hergestellt von Pharmariesen wie Johnson&Johnson, übers Land verteilt von ähnlich großen Medizin-Vertriebsfirmen wie Cardinal Health, die für diese Seuche seit Jahren verantwortlich gemacht werden.
Und diese Unternehmen haben jetzt nach jahrelangen Verhandlungen eingewilligt, Wiedergutmachung zu leisten, für die verheerenden Schäden, die ihre Präparate verursacht haben.
Milliarden-Deal
26 Milliarden Dollar werden sie in den nächsten Jahren an die US-Bundesstaaten auszahlen. Diese leiten dann das Geld an betroffene Regionen weiter. Finanziert werden soll alles, von Entzugskliniken bis zu Aufklärungskampagnen oder Sozialprogrammen. Nun müssen die Staaten zustimmen, damit der Deal über die Bühne gehen kann und damit auch die Hunderten Gerichtsverfahren gestoppt werden, die zur Zeit überall in den USA gegen verantwortliche Unternehmen laufen. Andere Pharmariesen aber, wie der Opioid-Hersteller Purdue, verhandeln ihre eigenen Entschädigungsdeals.
Viele betroffene Regionen brauchen Hilfe notwendiger denn je. Corona, vor allem aber die Gegenmaßnahmen wie Lockdowns, sind zum Treibsatz der Drogen-Epidemie geworden. Soziale Isolation und fehlender Zugang zu Kliniken, die entweder gesperrt oder überlastet waren, waren für die Drogenkranken tödlich.
Seit Jahren hat die Opioid-Epidemie vor allem die ärmeren Regionen der USA fest im Griff, 2020 aber war das bisher schlimmste Jahr. Um 30 Prozent ist die Zahl der Todesfälle durch Drogenmissbrauch gestiegen. In Städten wie San Francisco gab es sogar mehr Tote durch Suchtgifte als durch Covid, die große Mehrheit – anders als bei Covid – unter 50.
Verantwortlich dafür sind vor allem die synthetischen Opiate wie Fentanyl, die von den US-Pharmariesen völlig unkontrolliert übers Land verteilt wurden. Diese sind oft vielfach stärker als das illegal hergestellte Heroin. Dass sich Apotheken in Problemregionen in regelrechte Drogen-Verteilerzentren verwandelt haben, die diese Opioid-Schmerzmittel unkontrolliert und gegen Rezepte korrupter Ärzte ausgaben, ignorierten die Firmen einfach.
Überdosis schnell erreicht
So sind die synthetischen Präparate leichter und günstiger erhältlich als Heroin. Die soziale Isolation durch den Lockdown lässt viele Süchtige ihre Drogen alleine zu Hause konsumieren, anstatt wie zuvor gemeinsam mit anderen oder in sozialen Einrichtungen für Süchtige. Wenn sie dann das potente Fentanyl, oft ohne es zu wissen, injizieren, ist die tödliche Überdosis schnell erreicht.
Eine Maßnahme, die die Strafzahlungen der Firmen finanzieren, sind Schnelltests, mit denen der Süchtige feststellen kann, was er eigentlich konsumiert. Zumindest eine Möglichkeit, um kurzfristig den Anstieg der Totenzahlen zu bremsen. Wirkliche Erfolge gegen die Opioid-Epidemie – damit rechnen die Drogenbehörden in Washington erst in fünf bis zehn Jahren.
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