Deutschland vs. Österreich: Der Wettlauf um die Reisenden
„Ein Sommer wie damals“, wollen es manche beschönigend nennen. Doch in Wahrheit ist der mögliche Wegfall des Reisens in den heißen Monaten nicht nur eine persönliche Niederlage für so manchen Urlauber, sondern natürlich auch für die Wirtschaft. Insbesondere in Österreich, wo die Regierung in den vergangenen Tagen ganz eindeutige Signale vor allem an eine Gruppe gesendet hat - die Deutschen: Kommen Sie nach Österreich, wir tun alles dafür, dass die Sicherheit und die Infrastruktur nach der ersten großen Corona-Welle gegeben sein wird!
Doch in Deutschland kommt der österreichische Vorstoß aus der vergangenen Woche für die Öffnung für - zumindest deutsche - Touristen gar nicht gut an. Wohl auch deshalb, weil das Land seine Urlauber selbst brauchen kann.
Sebastian Kurz hatte am Mittwochabend für die Einladung an die Deutschen eine Millionenbühne genutzt, als er am Mittwochabend bei „Maischberger“ im ARD zugeschaltet war.
Nachdem es vergangene Woche in einer Videokonferenz von deutschsprachigen EU-Außenministern auch um den Sommertourismus ging, soll Österreichs Vorstoß – wie der KURIER aus hochrangigen EU-Kreisen erfuhr – auf Missfallen gestoßen sein. Vor allem bei Heiko Maas.
Ischgl als Maas' Negativ-Beispiel
Neben Österreich hatte auch Kroatien um die deutschen Urlauber gebuhlt. Dass nun der deutsche Außenminister prominent in der Bild am Sonntag auf die Bremse tritt, darf höchstwahrscheinlich als diplomatische Antwort auf den Vorstoß der Österreicher und der Kroaten gewertet werden: „Ein europäischer Wettlauf darum, wer touristische Reisen zuerst wieder zulässt, führt zu unvertretbaren Risiken“, sagte Maas dort. Darauf folgte noch eine unmissverständliche Spitze auf Österreich und Ischgl: „Was ein Infektionscluster in einem beliebten Urlaubsgebiet in den Heimatländern der Touristen anrichten kann, haben wir bereits erlebt.“
Es ist sicher kein Zufall, dass Maas das Interview am Sonntag platzierte. Heute, Montag, treffen die EU-Tourismusminister in einer Videokonferenz zusammen.
Neben den Deutschen hat Österreich auch gegenüber Tschechien Signale für die Möglichkeit der Grenzöffnung gesendet. Doch dort will man den Bürgern überhaupt bis September „Hausarrest“ verordnen. Es geht um wichtige Kunden für Gastronomie und Hotellerie, aber auch um den Schutz vor einer möglichen „zweiten Welle“ der Coronavirus-Ausbreitung.
Der „Schuljunge“
Deutschland und Österreich ticken in vielen Politikbereichen ähnlich. Doch Heiko Maas und Sebastian Kurz werden wohl keine Freunde mehr. Der deutsche Sozialdemokrat hatte die österreichische Linie mehrmals kritisiert, vor allem wenn es um Flüchtlinge, deren Verteilung in der EU und um Seenotrettung im Mittelmeer ging – stets im Sinne der deutschen Kanzlerin Angela Merkel.
Maas erntete 2016 Häme, als er in der ARD-Talkshow „Anne Will“ an der – damals noch nicht so bekannten – Kommunikationstaktik von Kurz schier zerbrach. Maas „wirkt neben dem österreichischen Außenminister wie ein Schuljunge“, schrieb die Frankfurter Allgemeine. Und blieb bei Weitem nicht allein mit ihrer Kritik.
Kommentare