Schwieriges Prozedere
In der Bild wird der 9. März als potenzieller Wahltermin genannt, andere Medien nennen den 2. März, da wählt auch Hamburg – das wäre knapp sieben Monate vor dem regulären Urnengang am 28. September 2025.
Der Weg dorthin ist aber nicht so einfach, wie manch Unionspolitiker sich das wünschen würde: Die größte Hürde ist nämlich Kanzler Olaf Scholz – so lange er regieren will, sind Neuwahlen juristisch praktisch ausgeschlossen. Anders als in Österreich kann in Deutschland nicht der Bundespräsident den Kanzler entlassen, und auch der Bundestag kann sich nicht einfach auflösen; Neuwahlen verlangen eine Vertrauensabstimmung – und die muss der Kanzler selbst veranlassen.
Dass Scholz das machen wird, ist momentan aber praktisch ausgeschlossen. Zwar wächst schon seit geraumer Zeit der Druck auf ihn, im Wahlkampf Platz für einen anderen zu machen. Nimmt man Umfragen als Basis, wäre SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius dafür der geeignetste Kandidat; er ist seit Monaten der mit Abstand beliebteste Politiker des Landes. Doch Scholz’ Sturheit in dieser Frage überrascht auch Beobachter immer wieder – er sieht sich selbst als gesetzt.
Dass die SPD sich auf Matthias Miersch als Kühnerts Nachfolger als Parteigeneral geeinigt hat, ist darum auch wenig überraschend. Er ist Teil des linken Flügels, führt die Parlamentarische Linke in der SPD-Bundestagsfraktion – und hat, obwohl man ihn öffentlich kaum kennt, eine große Hausmacht in Partei und Fraktion. Er dürfte deutlich mehr Druck auf Scholz ausüben als Kühnert: Der oft überpragmatische Kanzler müsse „mehr klare Kante“ zeigen, wie es gerne heißt – also selbst den Wahlkampf starten und sich gegen die Koalitionspartner stellen.
Gerade das ist aber eine fast unmögliche Gratwanderung, will Scholz bis Herbst im Amt bleiben. Schon jetzt liebäugelt die FDP, in Umfragen kurz vor ihrem Allzeit-Tief, mit einer Sprengung der Ampel-Koalition – steigt sie jetzt aus, könnte sie bis zur Wahl noch Wähler zurückholen, so die Idee der Liberalen. Parteichef Christian Lindner hat den Gedanken sogar schon öffentlich ventiliert: „Irgendwann kann eine Regierung auch selbst Teil des Problems sein“, sagte er kürzlich.
Scholz’ SPD bliebe in diesem Fall nur eine Minderheitsregierung mit den Grünen, die wäre aber quasi handlungsunfähig – und der Kanzler selbst eine noch „lahmere Ente“, als er das jetzt schon ist. Dann wäre eine Vertrauensfrage samt Neuwahlen nicht so unwahrscheinlich wie jetzt.
Schwierige Koalitionen
Die letzte gedankliche Hürde für viele ist aber die Regierungsbildung. Die wäre diesmal wohl noch vertrackter als 2021. Zwar wäre Friedrich Merz – Stand heute – eindeutig Wahlsieger, die Union liegt bei 31 Prozent. Doch für eine Koalition mit den Grünen, worauf einige spekulieren, reicht das lange nicht – und eine Große Koalition mit der SPD ist kaum erreichbar.
Die Union steckt damit im Dilemma: Ihr bleibt derzeit nur ein Dreier-Experiment à la Ampel. Und ob sie dafür bereit ist, ist mehr als fraglich.
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