Damit rechneten auch die zwei Security-Mitarbeiter vor der Filiale an diesem Montag. Sie messen mit einer Handy-App die Anzahl der Kunden. 140 dürfen rein, momentan wären sie bei 100, sagt einer und schaut auf die Uhr. Es ist halb zwölf. „Viele sind noch in der Arbeit. Am Abend wird es sicher voller.“
Genau deswegen ist Antje heute früh los. Die Berlinerin hat Urlaub und freut sich aufs Einkaufen, „bald ist das ja alles nicht mehr möglich“. Dennoch findet sie es gut, dass ein harter Lockdown kommt. „Anders gehen die Zahlen nicht runter“, sagt sie. Und ist überzeugt: Das hätte schon vor sechs Wochen passieren müssen.
So ähnlich hört man es immer wieder. Die Erklärungen, warum die Neuinfektionen wieder gestiegen sind, fallen unterschiedlich aus. Manche sehen die illegalen Partygänger als Übeltäter, andere die Anti-Corona-Demonstranten. Dass ausgerechnet Sachsen ein Hotspot ist, habe damit zu tun, glaubt Christopher: „Das sind AfD-Wähler, die dachten, keine Masken tragen und demonstrieren zu müssen.“ Der Berliner wartet mit Einkaufstaschen in der Hand auf seine Familie. Normalerweise mache er sich mit dem Kauf von Geschenken nie Stress. Dass jetzt nur zwei Tage bleiben, findet er knapp – „wenn man nicht alles online kaufen will“. Ohnehin macht es ihm heuer keine Freude. „Schauen Sie, es herrscht keine Weihnachtsstimmung“, sagt er und zeigt auf den Alexanderplatz.
Hier, wo sonst Riesenrad und Karussell stehen, es immer ein bisschen zu viel glitzert oder einen die Dauerbeschallung durch weihnachtliche Popsongs nervt, ist es seltsam leer. Nur ein Mann mit Gitarre sitzt auf dem Boden und spielt Lieder aus den 60ern, aber keiner hört zu.
Besuch am "Sondermarkt"
Einen traurigen Anblick bietet auch der Platz an der Gedächtniskirche am Kurfürstendamm, Berlins legendärer Einkaufsstraße. Einzelne Buden mit Glühwein, Weihnachtsschmuck und Süßem durften dort vor zwei Wochen aufsperren, aber so richtig Stimmung kam nie auf, erzählt einer, der den Weihnachtsmarkt von Kindesbeinen an kennt. „Wir nennen es Sondermarkt“, sagt Fabian Klar, 29 Jahre. Er dreht in seiner Bude „Wiener Mandeln“ gerade Zuckerwatte. Ab Mittwoch müssen sie ebenfalls zusperren. Er ist dann zum ersten Mal zu Weihnachten zu Hause, erzählt er. Selbst am 24. war er mit Vater und Großvater zum Verkauf hier. Jetzt, wo er übernommen hat, ist er froh, dass er etwas Geld verdienen konnte. „Sicher wäre es schön, wenn wir länger offen hätten, aber ich will ja auch, dass die Leute gesund bleiben.“
Für zwei Lehrerinnen, Martina und Monika, ist das der Grund, heute nicht zu shoppen – „wobei in den letzten Wochen viel mehr Menschen unterwegs waren“, sagt die eine. Lieber wollen sie noch einen letzten Glühwein zusammen trinken, denn das werde wohl lange nicht mehr gehen.
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