Deutschland steigt aus Atomkraft aus – und der Rest Europas ein

Deutschland steigt aus Atomkraft aus – und der Rest Europas ein
Atomkraft-Verfechter Frankreich baut aus, Polen steigt in die Ernegieform ein und Ungarn setzt bei Paks 2 weiter auf Russland.

Die Entscheidung der Bundesrepublik sorgt in einigen europäischen Ländern für Kopfschütteln: Während sich die Deutschen von der Atomkraft verabschieden – aus Klima- und Sicherheitsgründen – setzen die meisten Europäer weiter auf sie – aus denselben Gründen. Rund 110 Atomreaktoren sind in der EU aktuell in Betrieb. Insgesamt 13 der 27 EU-Staaten betreiben Atomkraftwerke.

Der wohl größte Atomkraftverfechter des Kontinents ist Frankreich: Über 57 Reaktoren verfügt die Grande Nation, bis 2050 wird der Bau von 14 neuen AKW geprüft. Im Vorjahr sorgten die Altersschwächen der Reaktoren jedoch für Ausfälle und weniger Stromproduktion als in den Vorjahren. Bis 2021 war Frankreich das wichtigste Importland für Strom für Deutschland. Im Vorjahr gingen die Importe um 62 Prozent zurück, erstmals seit 1990 wurde mehr Strom von Deutschland nach Frankreich exportiert als umgekehrt.

Neben Frankreich betreibt Belgien sieben, die Niederlande einen, Tschechien sechs und die Slowakei fünf Reaktoren. Rumänien und Bulgarien besitzen zwei, Slowenien gemeinsam mit Kroatien ein AKW.

Spanien betreibt sieben, Finnland fünf, Schweden sechs Reaktoren. Heute wollen 59 Prozent der befragten Schweden die Atomkraft ausbauen, derzeit plant die Regierung in Stockholm neue, kleinere Reaktoren in der Nähe von Städten. Im Jahr 2021 produzierten Atomkraftwerke 30 Prozent des schwedischen Energiebedarfs.

Frei von Russland – oder nicht

Ebenfalls weiter in Richtung Atomstrom bewegt sich Polen: Am Mittwoch verkündete die dortige Regierung den Einstieg in die Atomkraft: Ab 2026 soll gebaut werden, insgesamt sechs AKW könnten bis Mitte der 2040-er Jahre stehen. Die Hälfte soll aus den USA, die andere aus Südkorea stammen. Experten rechnen mit Kosten von 40 Milliarden Euro für den Einstieg in die Atomkraft. Der Beweggrund ist eindeutig: Unabhängigkeit von russischem Öl und Gas.

Auch Tschechien und die Slowakei versuchen, ihre Brennstäbe, bisher aus russischer Produktion vom Staatskonzern Rosatom, langfristig von den USA zu bekommen. Währenddessen setzt ein europäisches Land weiterhin unbeirrt auf Russland: Ungarn.

HUNGARY-ENERGY-NUCLEAR-POWER

September 2022: Die Bauarbeiten um Paks 2  südlich der Hauptstadt Budapest sind im Gange.

Damit verstößt Ministerpräsident Viktor Orbán gegen keine aufrechten EU-Sanktionen: Russisches Uran ist bisher ausgenommen. Auch Frankreich nutzt Uran aus Russland. Ungarn hat bereits vier Reaktoren und plant seit Jahren die Erweiterung des ungarischen Kernkraftwerkes Paks – zuständig dafür ist Rosatom.

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