Deutscher Verfassungsschutzpräsident warnt vor chinesischer Spionage

German Report on the Protection of the Constitution 2021
Haldenwang: Seit einigen Jahren rückt auch Ausspähung von Politik ins Visier

Der Präsident des deutschen Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, hat vor gesteigerten Spionageaktivitäten Chinas in Deutschland gewarnt. "China entfaltet breitgefächerte Ausspäh- und Einflussaktivitäten. Wir müssen uns darauf einstellen, dass diese in den kommenden Jahren noch zunehmen werden", sagte Haldenwang der Zeitung Welt am Sonntag.

Seit einigen Jahren rücke auch die Ausspähung von Politik ins Visier. Früher sei der Fokus auf Wirtschaftsspionage gelegen. Aus wirtschaftlichen Abhängigkeiten könne auch eine politische Einflussnahme entstehen. Chinas Strategie sei langfristig angelegt. "Die politische Führung setzt ihre wirtschaftliche Macht, die sich auch aus intensiven Beziehungen zur deutschen und europäischen Wirtschaft ergibt, bereits zur Umsetzung politischer Ziele ein", so Haldenwang.

Eine Sprecherin des deutschen Innenministeriums sagte der Zeitung, dem Ministerium lägen derzeit keine Erkenntnisse darüber vor, dass Überflüge chinesischer Spionageballons - wie mutmaßlich zuletzt in den USA geschehen - in Deutschland je stattgefunden hätten. Man gehe jedoch davon aus, dass Deutschland eines der bedeutendsten nachrichtendienstlichen Aufklärungs- und Einflussziele Chinas sei.

Auch wichtiger Handelspartner

Ungeachtet aller politischer Warnungen vor einer zu starken Abhängigkeit blieb China im vergangenen Jahr der wichtigste Handelspartner Deutschlands. Der Handel der deutschen Wirtschaft mit China stieg im vergangenen Jahr auf einen Rekordwert: Zwischen den beiden Ländern wurden Waren im Wert von rund 298 Milliarden Euro gehandelt. Das ist ein Wachstum von rund 21 Prozent gegenüber 2021, wie aus Daten des Statistischen Bundesamtes hervorgeht.

Innerhalb der deutschen Regierung wird China zunehmend als Rivale gesehen. Das Wirtschaftsministerium plant umfangreiche Auflagen für deutsche Firmen im China-Geschäft und den Ausschluss von Anbietern aus autoritären Staaten von der kritischen Infrastruktur. In Ende 2022 bekanntgewordenen "Internen chinapolitischen Leitlinien" wird eine deutliche Reduzierung der Abhängigkeiten von China gefordert, eine völlige Entkoppelung vom größten deutschen Handelspartner aber abgelehnt.

Kommentare