Merkel warnt vor Bespitzelung von Gülen-Anhängern in Deutschland
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat die Türkei vor der Bespitzelung von Anhängern des Predigers Fethulla Gülen in Deutschland gewarnt. "Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass es dort Bespitzelungen gibt, sondern der deutsche Rechtsstaat geht gegen Rechtsverletzungen vor", sagte Merkel am Donnerstag nach einem Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Ankara.
"Darauf kann sich die Türkei verlassen. Und das geschieht in den bewährten Formen der Demokratie." Die türkische Regierung macht den in den USA lebenden Prediger Gülen für den Putschversuch im Juli 2016 verantwortlich. Sie habe gegenüber Erdogan darauf hingewiesen, "dass mir auch sehr wichtig ist, dass wir gerade jetzt auch keine falschen Entwicklungen haben, wenn es zum Beispiel auch um die Imame geht, die im Rahmen von Ditib in Deutschland arbeiten", sagte Merkel.
Auf eine Frage zur Auslieferung von Gülen-Anhängern an die Türkei verwies Merkel auf die Zuständigkeit der unabhängigen Gerichte. Deutschland sei "genauso dem Kampf gegen den Terrorismus und gegen alle Rechtsverletzungen verpflichtet wie das die türkische Regierung auch erwartet". Es gebe Gerichtsbeschlüsse, die Auslieferungen unter bestimmten Bedingungen nicht möglich machten. Die deutsche Regierung werde das Ergebnis einer unabhängigen Prüfung durch die Gerichte respektieren. Ankara fordert die Auslieferung mutmaßlicher Gülen-Anhänger, gegen die in der Türkei ermittelt wird.
Die Kanzlerin hatte zuvor bei ihrem ersten Besuch nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei Staatschef Recep Tayyip Erdogan zur Einhaltung von Freiheitsrechten aufgefordert. Sie sagte nach einem zweieinhalbstündigen Gespräch mit Erdogan am Donnerstag in Ankara, dass beide Staaten bei der Terrorbekämpfung eng zusammenarbeiteten. Sie betonte aber, in der entscheidenden Phase der Aufarbeitung des Umsturzversuches durch Militärs vom vorigen Juli sei es wichtig, Meinungsfreiheit und Gewaltenteilung einzuhalten. Ohne nähere Details zu nennen, erklärte sie ferner, sie mache sich Sorgen mit Blick auf verschiedene Fälle im Umgang mit Journalisten.
Erdogan verteidigte den Vorstoß zur Einführung eines Präsidialsystems. Von einer Aufhebung der Gewaltenteilung, wie von der Opposition befürchtet, könne keine Rede sein. Er nannte Merkels Besuch wichtig für die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei. Vor allem in der Terrorbekämpfung seien Zusammenarbeit und „Solidarität“ unter Nato-Partnern wichtig. Erdogan forderte internationalen Beistand beim Kampf seines Landes gegen den Terrorismus. „Der internationale Terrorismus kann nicht durch ein einzelnes Land bekämpft werden. Dafür muss es internationale Anstrengungen geben“, sagte Erdogan.
"Islam bedeutet Frieden"
Es ist ihr erster Besuch in der Türkei seit dem gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli, in dessen Folge sich die Beziehungen der beiden NATO-Partner deutlich verschlechtert hatten.
Die deutsche Bundesregierung ist ihrerseits besorgt über die Repressionen sowie die Verfolgung kritischer Journalisten und der kurdischen Opposition. Mehr als 120.000 Staatsangestellte wurden nach dem Putschversuch entlassen und mehr als 40.000 Menschen inhaftiert. Zudem steht im April ein Referendum über eine höchst kontroverse Verfassungsänderung an, mit der Präsident Erdogan seine Macht zementieren will.
Merkel trifft Vertreter türkischer Oppositionsparteien
Die deutsche Bundeskanzlerin will sich bei ihrem Türkei-Besuch auch mit Vertretern türkischer Oppositionsparteien treffen. Die Gespräche sind nach den Planungen am Abend im Anschluss an Treffen mit Präsident Recep Tayyip Erdogan und Ministerpräsident Binali Yildirim vorgesehen.
Teilnehmen sollen Vertreter der größten Oppositionsgruppe, der Mitte-Links-Partei CHP, sowie der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP. Elf Parlamentarier der HDP sitzen in Untersuchungshaft. Erdogan hält die HDP für den verlängerten Arm der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Merkel wollte gegen 11.00 Uhr deutscher Zeit in Ankara eintreffen.
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