von Andrea Affaticati, Mailand, Simone Weiler, Paris
Seit gestern sind in Italien die neuen Grüner-Pass-Vorschriften in Kraft. Diese sehen vor, dass ab dem 12. Lebensjahr das Verweilen in Innenräumen von Lokalen sowie der Besuch von Museen, Veranstaltungen jeglicher Art nur jenen erlaubt ist, die einen Green Pass vorweisen können.
Gegen diese Verordnung gibt es seit Wochen Proteste in ganz Italien. Die Impfgegner sprechen von einer Sanitätsdiktatur. Unter ihnen befinden sich auch Rechtsextreme, wie die Mitglieder der Organisation Forza Nuova. Die teilte gestern mit, all jene aus ihren Reihen auszustoßen, die einen Grünen Pass herunter laden würden.Der Unmut macht sich aber nicht nur zwischen Vertretern von radikalen Standpunkten breit. Unter den Tausenden die vor einigen Tagen im Zentrum der norditalienischen Stadt Turin am „No Paura Day“ (keine Angst Tag) teilgenommen haben, zählte man auch Vertreter der Messebranche, des Gastgebergewerbes und Freiberufler. Besonders besorgt und irritiert über die neuen Maßnahmen zeigen sich vor allem die Restaurant- und Lokalbesitzer, die sich gegen die Kontrollpflicht der Grünen Pässe sträuben.
Etwa Hannes Kühebacher, der im Südtiroler Sterzing das Hotel Weißes Rössl besitzt und ein überzeugter No Vax Verfechter ist. Vor ein paar Tagen berichteten Zeitungen von einer Zwangsschließung seines Hotels weil er sich weigerte die geltenden Sicherheitsvorschriften zu befolgen, darunter die Maskenpflicht in den Innenräumen. Nun soll er aber einen Rückzieher gemacht haben. Zehn Tage Sperre in der Hochsaison müssen ihn eines Besseren belehrt haben.
Nachdem der französische Verfassungsrat das Gesetz zum „Gesundheitspass“ im Großen und Ganzen bestätigt hat, der für etliche Aktivitäten den Nachweis einer Impfung oder eines negativen Corona-Tests vorschreibt, werden für den heutigen Samstag wieder Proteste erwartet. Die Zahl der Demonstranten wuchs seit Mitte Juli kontinuierlich auf zuletzt mehr als 200.000 Teilnehmer an.
Demgegenüber ist die Mehrheit der Franzosen bereits geimpft und befürwortet die neuen Maßnahmen. Aber die zornige Minderheit ist laut. Für viele Demonstranten geht es dabei um mehr als um die Frage der Impfung: Sie leisten Widerstand gegen die Regierung, drücken lange angestautes Misstrauen aus und fühlen sich in ihrer Wut auf den Staat nicht allein.
Dieselben Motive brachten ab Herbst 2018 zigtausende „Gelbwesten“ auf die Straßen. Auch jetzt ziehen Demonstranten grellgelbe Warnwesten an. Politisch vertreten werden die Demonstranten überwiegend von extremistischen Kleinparteien. Selbst für Rechtspopulistin Marine Le Pen ist eine klare Unterstützung problematisch, möchte sie doch wählbar für die Mehrheit der Franzosen sein.
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