Demokraten: "Trump politisch ausbluten lassen"

Die Demokraten starten im Kongress eine XXL-Untersuchung gegen den US-Präsidenten, wollen ein Schleppnetz um ihn legen.

Die Michael Cohen-Vernehmung neulich, so vernichtend sie für den amerikanischen Präsidenten auch klang, war dagegen nur ein singulärer Hieb.

Was Donald Trump jetzt blüht, ist die Marter der 1000 Nadelstiche. Die Demokraten im Kongress haben ein flächendeckendes Untersuchungs-Szenario entworfen. Es wird ab sofort fester Bestandteil der Washingtoner Agenda sein. Damit ist bis zur Wahl in zwei Jahren sichergestellt, dass Begriffe wie „Machtmissbrauch“, „Justizbehinderung“, „Selbstbereicherung“ , „Interessenkonflikt“ und „Korruption“ eng mit dem Namen des Präsidenten verbunden bleiben.

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In mehr als einem halben Dutzend Ausschüssen werden nicht nur die ersten beiden Amtsjahre Trumps, und wie es seit Bekanntgabe seiner Kandidatur im Juni 2015 dazu kam, unters Mikroskop gelegt und bis in die kleinste Verästelung nachverhandelt. Sondern auch von A bis Z der Geschäftsmann Trump, über den sich hartnäckig das Gerücht hält, dass ihn Geld aus Russland mehr als einmal aus wirtschaftlichen Kalamitäten gerettet haben soll.

Wie engmaschig und zugleich weit gespannt das ausgeworfene Schleppnetz der Opposition ist, zeigt allein die Zeugen-Liste im mächtigen Justiz-Ausschuss. Unter Vorsitz von Jerry Nadler sollen dort in den nächsten Monaten 81 Einzelpersonen und Organisationen öffentlich und hinter verschlossenen Türen Auskunft geben und Dokumente vorlegen.  Darunter sind so hochkarätige Namen wie Allen Weisselberg, Finanz-Guru des Trump-Konzerns, die Präsidentensöhne Donald Jr. und Eric, die das Unternehmen derzeit interimistisch führen, Trumps Schwiegersohn und Chef-Berater Jared Kushner, WikiLeaks-Boss Julian Assange, der frühere Top-Einflüsterer Steve Bannon, Ex-Justizminister Jeff Sessions und Tom Barrack.

Der Milliardär leitete das Komitee, das Trumps Amtseinführung organisierte. Dabei sollen 100 Millionen Dollar im Topf gewesen sein; teilweise aus dubiosen Quellen. Wer sich weigert, muss mit einer Zwangsverladung (subpoena) und Androhung von Strafen rechnen. Das Schwert der parlamentarischen Detektive ist scharf.

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Auch Steve Bannon gerät ins Fadenkreuz

Das Nachkarten, das so ziemlich jeden Skandal und jede Merkwürdigkeit seit Amtsantritt 2017 wieder ins allgemeine Bewusstsein rufen wird, ist aus Sicht Trumps pure Obstruktion. Und illegal. Für die Demokraten ist es ein Akt der politischen Hygenie. Und dringend geboten. Als die Republikaner noch beide Häuser des Kongresses dominierten, wurden sämtliche Versuche abgeblockt, Trump zu durchleuchten. Und so zum Beispiel seine Steuererklärungen einzusehen, von denen sich viele Experten Einblicke in die wahren ökonomischen Abhängigkeiten des New Yorker Milliardärs versprechen, und in dessen fragwürdige Lauterkeit. Oder um zu erfahren, was Trump und Russlands Präsident Putin seinerzeit wirklich unter vier Augen (und denen zweier Dolmetscherinnen) in Helsinki besprochen haben.

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Putin, Trump

Ein weiteres Hauptinteresse ist auf die Deutsche Bank gerichtet, die Trump noch zu einem Zeitpunkt dreistellige Millionen-Kredite für Immobilien- und Golfplatz-Geschäfte gewährte, als US-Banken den mehrfach in die Pleite gegangenen Geschäftsmann nicht mehr alimentieren wollten.

Nach Angaben von Maxine Waters, der von Trump als dumm verspotteten Vorsitzenden des mächtigen Ausschusses für Finanzdienstleistungen, sind Mitarbeiter demnächst in Frankfurt, um Unterlagen für die anstehenden Anhörungen zu sichten. Ein anderer Antrag beschäftigt sich damit, wie oft Trump Geschäftsinteressen mit Staatsangelegenheiten verbunden hat; etwa durch Besuche auswärtiger Delegationen in seinem Washingtoner Nobel-Hotel.

Nicht auf der Liste der 81 ist bislang Gary Cohn. Der ehemalige Goldman-Sachs-Banker trat vor einem Jahr von seinem Posten als oberster Wirtschaftsberater Trumps zurück. Nach einem Enthüllungsbericht des Magazin „New Yorker“ wies Trump Cohn an, das Justizministerium zu einem delikaten Akt zu drängen. Weil Trump die Berichterstattung des Senders CNN als Majestätsbeleidigung betrachtet, sollte der damalige Justizminister Jeff Sessions die geplante Fusion der CNN-Muttergesellschaft Time Warner mit dem Telekommunikationsriese AT&T blockieren. Cohn weigerte sich.

Mehrere Abgeordnete meldeten gestern Fragebedarf an und sprachen vom „Verdacht einer schlimmen Intervention Trumps“. „Die innere Mechanik des von den Demokraten aufgesetzten Kontroll-Regimes führt dazu, dass abseits der laufenden strafrechtlichen Untersuchungen gegen Trump und sein Umfeld ein ständiger Fluss von latent skandalträchtigen Informationen an die Öffentlichkeit geraten wird“, sagen ehemalige Regierungsmitarbeiter in Washington. „So könnte ein Muster entstehen, bei dem Trump ununterbrochen in Verteidigungshaltung gerät.“ Mit dieser Methode versuchten die Demokraten den Präsidenten „langsam politisch ausbluten zu lassen“. 

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