„Wir haben die große Chance, Europa und der Welt zu zeigen, dass es auch anders geht, ohne Schließung der Wirtschaft und Millionen Arbeitslose“, bewirbt der seit März regierende konservative Premier Igor Matovic die Strategie. Doch sind Massentests wirklich die Lösung?
Samstag und Sonntag wurden rund 30.000 Slowaken positiv auf das Coronavirus getestet, ein Prozent aller Test-Teilnehmer. Die übrigen 99 Prozent haben nun ein Zertifikat, dass sie als Corona-negativ ausweist. Der große Haken daran: Verwendet wurden Antigen-Tests, die zwar schneller ausgewertet, aber weniger zuverlässig sind als die gängigen PCR-Tests. Infizierte mit geringer Virenlast werden nicht zuverlässig erkannt. Die Opposition warnt daher davor, dass sich negativ Getestete in falscher Sicherheit wiegen und unvorsichtig werden könnten.
Ein weiterer Kritikpunkt sind die hohen Kosten des aufwändigen Programms. Angesichts der wenigen entdeckten Infizierten spricht die Opposition von Verschwendung von Steuermitteln. Zahlreiche Gemeinden wollen die aufgewendeten Gelder vom Staat zurückfordern und drohen, sich an der zweiten Testrunde nicht mehr zu beteiligen. Dazu kommt, dass die Regierung bisher nicht zur Gänze klargestellt hat, wie die Testergebnisse verwertet werden. Im Lebensmittelgeschäft soll etwa auch künftig jeder einkaufen können, im Blumenladen dagegen nur mit negativem Corona-Bescheid. Wer das kontrollieren darf, ist offen.
Auch in der Bevölkerung sind die Tests umstritten. „Die Mehrheit findet sie zwar okay“, berichtet der 23-jährige Slowake Peter Horvath dem KURIER aus seinem Umfeld. Vor allem in sozialen Medien werde aber Ärger laut. Kritisiert wird nicht nur, dass ohne negatives Attest Nachteile im Alltag drohen, sondern auch die Durchführung der Tests.
„Ich habe am Samstag rund eine Stunde für den Test gebraucht“, erzählt Horvath, der sich im westslowakischen Galanta testen ließ. In anderen Landesteilen führte der Andrang zu deutlich längeren Wartezeiten, in Bratislava mussten bis zu drei Stunden eingeplant werden. Da es zu wenig Personal gibt, unterstützen 30 österreichische Bundesheer-Sanitäter und 200 Militär-Sanitäter aus Ungarn die slowakischen Behörden an den landesweit rund 5.000 Teststellen. „Fremde Armeen auf slowakischem Boden“, hieß es in kritischen Kommentaren, das ginge eindeutig zu weit.
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