Kenia: Das schwierige Überleben von Halbnomaden in Zeiten der Dürre
Im Norden Kenias verdorren die Weiden, verhungern die Herden. Heuer sammeln die Sternsinger der Dreikönigsaktion Geld, um diesen Völkern eine Zukunft in Würde zu ermöglichen.
Jeden Tag geht Susanna Llowrikio, 40, mit ihrem gelben 20-Liter-Kanister von ihrem Dorf Suyan zum nahe gelegenen Fluss. Vorbei an ein paar Schirmakazien und halb verdorrten Büschen – mehr ließ die Dürre hier im Norden Kenias nicht übrig. Wasser führt der Fluss zwar längst keines mehr, aber in einem ebenso ausgetrockneten Nebenarm haben die Dorfbewohner ein Wasserloch gegraben. Hier schöpfen sie die trübe Brühe zum Trinken und Kochen, ohne die sie ihre Heimat längst verlassen hätten müssen.
„Ein paar Tage noch, dann geht hier unser Wasser auch zur Neige, dann müssen wir ein neues Loch graben – und hoffen, dass wir wieder auf Wasser stoßen“, sagt Susanna Llowrikio. Dreimal täglich nimmt die Mutter von vier Kindern den 20-Minuten-Marsch in Angriff. Und auch für Ziegen, Esel, Kühe oder Dromedare – der einzige Besitz und die einzige Einkommensbasis der Menschen hier – ist dieses vielleicht drei mal drei Meter große Loch der Quell des Lebens.
Diese Loch zieht immer mehr Samburu an (so heißt die örtliche, den Massai verwandte Ethnie, der in der Region rund 300.000 Menschen angehören): Hatte Suyan einst rund 200 Einwohner, siedelten sich jetzt im Umfeld mehrere Dutzend weitere an – weil es andernorts gar kein Wasser mehr gibt.
Doch nicht nur Menschen, auch Wildtiere nähern sich in diesen dürren Zeiten den Dörfern, wo es noch Wasser gibt: „Elefanten, Leoparden oder Hyänen stellen dabei eine große Gefahr dar“, sagt der gleichermaßen quirlige wie charismatische kolumbianische Pfarrer Guillermo Leon Alvarez Muneton. Seit neun Jahren ist der 41-Jährige, den alle nur „Memo“ nennen, in der Region aktiv und versucht mit diversen Hilfsprogrammen, die Not der Menschen zu lindern. Unterstützt werden er und seine Yarumal Missionaries von der Dreikönigsaktion (DKA).
Das Hilfswerk der Katholischen Jugend:
Jedes Jahr zwischen Weihnachten und dem 6. Jänner sammeln die „Sternsinger“ der Dreikönigsaktion (DKA) Geld, um Hilfsprojekte in Afrika, Lateinamerika und Asien zu finanzieren.
Kenia:
In dem afrikanischen Land wurden die Yarumal Missionaries von Pfarrer „Memo“ zwischen 2020 und 2022 mit 180.000 Euro unterstützt, ein Folgebudget ist vorgesehen.
Spenden:
DKA-IBAN: AT23 6000 0000 9300 0330
Drei Jahre, sagen die Ältern, habe es keinen nennenswerten Regen gegeben. Auch im vergangenen April, wo es normalerweise zwei Wochen Niederschlag geben sollte, seien bloß ein paar Tropfen gefallen. Jetzt hoffen alle hier auf die große Regenzeit im November, die freilich im Vorjahr auch nicht das brachte, was nötig gewesen wäre. Der Klimawandel schlage im Osten Afrikas mit besonderer Grausamkeit zu, sagen Experten. Zwar habe es auch früher Trockenphasen gegeben, doch die Abstände dieser Perioden hätten sich deutlich verringert.
Erschwerend hinzu kommt, dass in Folge des Ukraine-Krieges die Preise für Lebensmittel emporgeschnellt sind: Ein Kilo Mais kostet derzeit umgerechnet 1,3 Euro, das Doppelte als ein Jahr zuvor. Hilfsorganisationen schätzen, dass in Kenia, Äthiopien und Somalia insgesamt 36 Millionen Menschen von der Hungersnot bedroht sind.
Müde treibt Cesare Lepatoiya seine verbliebenen 20 Schafe auf die Weide. Stark abgemagert sind sie, aber immerhin – sie leben, der letzte Rest der einst stolzen 200-köpfigen Herde, die bereits fast zur Gänze der Dürre zum Opfer gefallen ist.
69 Jahre ist der Vater von vier Kindern nun, wie alle seine Vorfahren führen er und seine Buben die Tiere zu den Weiden der Region, die versprechen, noch ein wenig Futter bieten zu können. Doch das wird nicht nur immer schwieriger, mitunter kommen sich da auch die unterschiedlichen Ethnien in die Quere. Deswegen erhalten Mensch und Tier von „Morans“ (den bewaffneten Kriegern der Samburu) Begleitschutz.
„Wir leben hier wirklich an einem Hotspot, wo sich immer wieder Zusammenstöße mit Toten ereignen – nicht selten wegen Wasser- oder Grasungsrechten“, sagt Pfarrer „Memo“. Er versucht unter anderem mit Workshops und „Friedensklubs“, mehr gegenseitiges Verständnis aufzubauen.
So mühsam es für Cesare Lepatoiya ist, einigermaßen ergiebige Weiden zu finden – seitdem in Barsaloi, dem Hauptort der Gegend und Sitz des Pfarrers, (fast) jeder Haushalt einen eigenen Wasseranschluss hat, ist wenigsten dieses Problem gelöst (siehe unten). „Damit kann ich unseren Gemüsegarten gießen und Spinat, Salat, Kürbisse oder Süßkartoffel auf dem Markt verkaufen – und habe so ein Zusatzeinkommen“, sagt der Mann. Dann richtet sich sein Blick zu den Akazien – denn, so glauben die Älteren, beginnen diese zu blühen, sollte sich bald Regen einstellen. Dafür ziehen Frauen in der typischen Tracht täglich durch Barsaloi und beten singend für den lebensbringenden Niederschlag. Bisher ohne Erfolg.
Die Reise wurde von der Dreikönigsaktion kofinanziert.
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