Das EU-Klimaziel wird zur Fußnote

Auf europäischer Ebene gab es einen weiteren Rückschlag beim Kampf gegen die Klimakatastrophe.
Polen, Ungarn, Tschechien und Estland legen Anti-Klima-Veto ein - auch Personalsuche für europäische Top-Jobs vorerst erfolglos.

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sich beim EU-Gipfel in Brüssel nicht darauf geeinigt, die Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Die EU-Mitgliedsländer bekannten sich am Donnerstag zwar zum Pariser Abkommen. Aber: Sie vereinbarten kein Datum für die gesamte EU.

Nur in einer Fußnote des Gipfelbeschlusses wird vermerkt, dass die große Mehrheit der EU-Staaten die Ziele bis 2050 erreichen will. Die Einigung scheiterte am Widerstand von vier Ländern: Polen, Ungarn, Tschechien und Estland wollten laut Ratskreisen der Zielvereinbarung, dass die Union bis 2050 treibhausgasneutral werden soll, nicht zustimmen.

Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein warb vor Gipfelbeginn für den Entwurf, den sie als "ausgezeichnet und ausbalanciert" bezeichnete.

"Schande"

Ska Keller, Spitzenkandidatin und Vorsitzende der Europäischen Grünen im EU-Parlament, bezeichnete es als "Schande", dass keine Einigung erzielt wurde. "Jeden Tag leiden Menschen unter der Klimakrise und spüren die Konsequenzen von Dürre, Überschwemmungen und anderen Klimakatastrophen", sagte Keller.

Seitens der Staatschefs und Regierungen sei die Dringlichkeit erneut ignoriert und die Zukunft aller damit aufs Spiel gesetzt worden. "Der Schutz von wirtschaftlichen Interessen und Macht scheint weiterhin wichtiger zu sein," sagte Keller.

Bierlein bedauerte danach, dass sich die Regierungschefs nicht auf die Erreichung der Klimaneutralität bis 2050 einigen konnten. "Ich hätte mir mehr gewünscht", sagte sie am Freitag in Brüssel. "Beim Klimaschutz sind leider unsere Ziele, dass man sich auf Klimaneutralität bis 2050 einigt, nicht eingetroffen", meinte die Kanzlerin. Es sei nur ein "allgemeiner" Beschluss geworden. 

Umweltschützer: Verpasste Chance

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace sieht es als ein Versäumnis von Deutschland und Frankreich an, die dem 2050-Ziel kritisch gegenüber stehenden Staaten ins Boot zu holen, und forderte ein Sondertreffen vor dem UNO-Klimagipfel im September ein, um die Glaubwürdigkeit der EU zu retten. Zudem hätten die EU-Länder die "letzten Gelegenheit" verpasst, sich ambitionierte Klimaziele bis 2030 vor dem UNO-Klimagipfel im September zu setzen, kritisierte Greenpeace.

Die Umweltschützer fordern eine Reduktion der Treibhausgas-Emissionen von 65 Prozent bis 2030 im Vergleich zu den Werten von 1990 und Nullemissionen bis 2040, um eine Klimakatastrophe zu vermeiden.

Kein Erfolg bei Debatte um Top-Jobs

Im Anschluss an die Beratungen zur Klimapolitik sprach man in Brüssel über die Vergabe der Top-Jobs, etwa des neuen EU-Kommissionspräsidenten.

Für die Nachfolge von Jean-Claude Juncker, über die am ersten Tag des zweitägigen EU-Gipfels entschieden werden hätte sollen, hatten sich Manfred Weber (EVP), Frans Timmermans (Sozialdemokraten) und Margrethe Vestager (Liberale) beworben.

Das Europaparlament besteht darauf, dass der künftige Kommissionspräsident aus dem Kreis der Spitzenkandidaten bei der Europawahl bestimmt wird. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel zeigte diesbezüglich aber mit dem Finger auf das Parlament: Auch dort gebe es keine Mehrheiten, weil die Liberalen und Sozialdemokraten den EVP-Spitzenkandidaten Weber nicht mitwählen wollten. Dies müsse man nun "zur Kenntnis nehmen und mit unseren Parteien diskutieren", sagte sie.

Die Chancen des CSU-Politikers Weber auf das Spitzenamt sind laut deutschen Medien massiv gesunken.

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