Dänische Ex-Ministerin muss wegen ihrer Immigrationspolitik vor Gericht

Dänemarks Ex-Immigrationsministerin Inger Stojberg
Auf die Ex-Ministerin hinter Dänemarks strengen Einwanderungsgesetzen kommt ein Gerichtsverfahren zu. Grund: Ihr Vorgehen gegen junge Asylantenpaare.

Aufregung in Dänemark: Inger Stojberg wird erst das zweite ehemalige Regierungsmitglied Dänemarks in hundert Jahren sein, das sich vor einem Sondergericht verantworten muss. Die 47-jährige frühere Immigrationsministerin der rechts-liberalen Partei Venstre steht für Dänemarks besonders harte Einwanderungsgesetze. Sie gehörte der Regierung von Lars Lokke Rasmussen an, die nach den verlorenen Wahlen im Sommer 2019 abtreten musste.

Eine Mehrheit im dänischen Parlament sprach sich nun dafür aus, Stojberg vor ein sogenanntes Reichsgericht zu stellen. Solch ein Sondergericht wird eingerichtet, wenn das Parlament oder die Regierung ein Verfahren gegen einen Minister einleiten möchte.Grund für diesen historischen Schritt gegen die damalige Integrations- und Ausländerministerin Stojberg ist ihre Vorgabe, wonach sämtliche junge Asylpaare mit Frauen, die zu dem Zeitpunkt unter 18 Jahre alt waren, getrennt werden müssten.

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Proteste in Kopenhagen für die Aufnahme von Flüchtlingskindern aus dem Lager Moria auf Lesbos, Griechenland

Stojberg sah darin eine Maßnahme, Mädchen zu schützen, die vermeintlich zu einer Hochzeit gezwungen werden könnten.

Dänemarks Ombudsmann hatte allerdings kurze Zeit später festgestellt, dass diese Praxis illegal ist.

Im Jänner des Vorjahres wurde dann eine Untersuchungskommission beauftragt. Sie sollte ermitteln, ob Stojberg als Ministerin das Gesetz übertreten hat. Die Politikerin der Mitte-rechts Partei Venstre nennt die Kommission konsequent die „Kindesbrautkommission“. Eine Sprachregelung, von der sich Venstre-Vorsitzender Jakob Ellemmann-Jensen hingegen deutlich distanziert hat. Sie wurde nun auch ersucht, als Vize-Chefin von Dänemarks größter Oppositionspartei zurückzutreten.

Stojberg ist gewarnt worden

Im Dezember veröffentlichte die Kommission dann ihren Bericht. Die Vorwürfe sind schwerwiegend: Stojberg sei gewarnt worden, dass die Praxis illegal sei, sie habe das Parlament angelogen und dem Ombudsmann wichtige Informationen vorenthalten.

Die einzige Entlastung für die Ex-Ministerin sieht die Kommission darin: Es sei nicht eindeutig erwiesen, dass Stojberg ihren Mitarbeitern direkt befohlen hat, das Gesetz zu übertreten.

„Die Kommission kommt zu dem Ergebnis, dass Inger Stojbergs Behauptung, sie habe vier Mädchen ‚gerettet‘, irreführend ist“, heißt es im Bericht der Kommission. Vielmehr habe sich die psychische Verfassung etlicher Mädchen nach der Trennung verschlechtert, ist im Bericht weiters zu lesen. Selbstmordgedanken, Schlafprobleme und Appetitlosigkeit seien einige der Folgen gewesen.

Hardlinerin Stojberg gilt auch als die treibende Karft von Dänemarks umstrittenem "Schmuckgesetz": Flüchtlingen kann Bargeld und Wertsachen ab einem Wert von 10.000 Kronen, umgerechnet 1340 Euro, abgenommen werden, um ihre Unterbringung mitzufinanzieren. Stoljberg selbst wollte noch viel mehr: Selbst Handys und Eheringe hätten abgegeben werden sollen, doch dabei bremste sie der damalige Premier ein.

Besonders strenge Asylgesetze

Seit Jahren praktiziert Dänemark eines der strengsten Asylgesetze in Europa. Das 2019 nochmals verschäfte Ausländerrecht formuliert die Ziele der dänischen Flüchtlingspolitik: Nicht Integration ist das oberste Ziel der Regierung, sondern die schnellstmögliche Rückführung der Menschen in ihre Herkunftsländer. Flüchtlinge erhalten keine dauerhafte Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung mehr.

Stattdessen sollen sie wieder in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden, „sobald es die Lage in ihrem Herkunftsland wieder erlaubt“, wie Ausländer- und Integrationsministerin Inger Stojberg immer wieder betonte. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Asylbewerber bereits einen Job gefunden haben und in die Gesellschaft integriert sind.

Seit dem größten Zustrom an Asylsuchenden im Jahr 2016 (knapp 30.000 Ansuchen) sank die Zahl seither beständig. 2019 suchten rund 2.700 Menschen in Dänemark um Asyl an, in den ersten drei Quartalen 2020 (letzte verfügbare Zahlen) waren es insgesamt nur rund 500.

 

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