Verfolgt werden große Betrugsfälle in der Slowakei so gut wie nie. Die heftigen Proteste nach der Ermordung des slowakischen Journalisten Jan Kuziak, der einem dieser Betrugssysteme auf die Spur gekommen war, sind mittlerweile abgeflaut.
In der Bevölkerung macht sich Ernüchterung breit. Und der Eindruck herrsche vor, schildert auch der slowakische Politologe Michael Vasecka: "Viele glauben, ohne EU-Gelder wäre die Slowakei ein besserer Ort. Natürlich profitiert die Slowakei von den EU-Förderungen, aber die Leute sehen es nicht."
Noch mehr Geld, noch mehr Korruption - diese Gleichung stimmt, so lange das Kontroll- und Justizsystem eines Landes nicht unabhängig agieren kann. Das Problem: Brüssel hat bisher keine Möglichkeit, Fälle vor Gericht zu bringen. Das liegt ausschließlich in der Kompetenz der nationalen Staaten. Zwar gibt es viele Instrumente, zu untersuchen - aber keine, um ihn zu ahnden. Wer bestraft wird, das entscheiden immer noch die Staaten selbst.
"Nur die kleinen Fische"
So wie in Ungarn. Hier aber haben die Ermittlungsbehörden bisher so gut wie keinen großen Korruptionsfall aufgegriffen, in den regierungsnahe Personen involviert sein könnten. "Die Justiz verfolgt nur kleine Fische", schildert der ungarische Politologe Peter Kreko.
Kaum ein Land profitiert so sehr von den Überweisungen aus Brüssel wie Ungarn: Fünf Milliarden Euro erhält Ungarn netto jährlich aus den EU-Töpfen. Davon profitieren besonders die reichen Geschäftsfreunde von Premier Viktor Orban. Die meisten sind im Bau- und Infrasturkturwesen tätig. "Würde die Justiz wirklich ermitteln, säße die halbe ungarische Regierung im Gefängnis, vielleicht sogar auch Viktor Orban", glaubt Politologe Kreko.
Ein Beispiel: Die EU-Antibetrugsbehörde OLAF nahm vor einigen Jahren Orbans Schwiegersohn ins Visier. Dessen Firma hatte einen EU-finanzierten Auftrag für Straßenbeleuchtung gewonnen. Doch die Ausschreibung war so formuliert, dass nur diese Firma zum Zug kommen konnte - und OLAF witterte Betrug.
EU-Parlament gegen Premier Babis
Besonders heikel werden die künftigen Verhandlungen über die EU-Corona-Rettungsmilliarden im Fall des tschechischen Premiers Andrej Babis. Als Regierungschef verhandelt er mit - ist aber mit dem Vorwurf des Interessenkonflikts konfrontiert.
Am Freitag verabschiedete daraufhin das EU-Parlament mit großer Mehrheit eine Resolution: So lange nicht gesichert sei, dass Babis nicht von EU-Geldern profitiere, solle er nicht mitverhandeln dürfen.
Babis, zweitreichster Mann in Tschechien, hatte seine Anteile an seiner Firma Agrofert abgegeben. Über einen Treihandfonds soll er aber laut Medienberichten weiterhin entscheidenen Einfluss haben.
Das Firmenkonglomerat Agrofert ist der größte Empfänger von EU-Geldern in Tschechien. Seit Babis in der Politik ist, hat es umgerechnet rund 500 Millionen Euro erhalten. "Ohne EU-Gelder könnte Agrofert nicht überleben", ist sich der tschechische Investigativjournalist Jiri Nadoba sicher.
Ganz anders ist die Lage im größten der vier Visegrad-Staaten, in Polen. Die Veruntreuung von Eu-Förderungen ist hier kein Problem, das interne Kontrollsystem funktioniert gut.
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