China-Experte Mikko Huotari: "China will den Westen spalten"
Als die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock im Juli die erste deutsche China-Strategie präsentierte, tat sie das bei einer Diskussionsrunde im Berliner Mercator Institut für Chinastudien (MERICS). Zehn Jahre nach seiner Gründung berät das 20-köpfige Expertenteam Unternehmen und Regierungen in ganz Europa beim Umgang mit der Volksrepublik – und steht seit zwei Jahren in Peking auf der Sanktionsliste.
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Seit 2014 ist der Politologie und studierte Pianist Mikko Huotari bei MERICS, seit 2020 leitet er das Institut. Im KURIER-Gespräch blickt der Direktor zurück auf zehn Jahre China-Forschung und wagt einen Ausblick auf die chinesisch-europäischen Beziehungen.
Gründung
Die private Mercator-Stiftung gründete das Institut 2013 in Berlin, um „Lücken in der Praxis- und gegenwartsbezogenen China-Forschung zu schließen“. Heute ist es der größte Thinktank Europas, der sich ausschließlich mit China befasst.
Tätigkeiten
Das 20-köpfige Forscherteam veröffentlicht Studien zu Chinas Wirtschaft, Innen- und Außenpolitik und berät Unternehmen und Politiker in Europa.
Sanktionen
Wegen der systematischen Verfolgung der Uiguren in China verhängte die EU 2021 Sanktionen. Peking reagierte und sanktionierte EU-Parlamentarier sowie Forschungseinrichtungen – darunter auch MERICS.
KURIER: Ihr Institut feierte im November sein zehnjähriges Bestehen. Wie hat sich China seither verändert?
Mikko Huotari: Damals waren das Land und seine Zukunft in vielerlei Hinsicht offen. Als Xi Jinping 2013 an die Macht kam, war zunächst unklar, welchen Pfad er einschlagen würde. Ein Großteil der Beobachter hielt an der Idee fest, dass das Land sich weiter öffnen und eine ambitionierte, aber verantwortungsvolle Großmacht werden würde.
Über die letzten Jahre ist aber klar geworden, dass die erhoffte politische Annäherung zum Westen nicht stattgefunden hat. Die grundsätzliche Perspektive hat sich also verschoben – auch, wenn es ein gemischtes Bild bleibt. China hat sich von einem Land der Chancen zu einer enormen strategischen Herausforderung entwickelt.
Ist damit nicht auch der Stellenwert von China-Forschung enorm gestiegen?
Ja, und zwar bis in die höchsten Kreise politischer Entscheidungsträger. Angefangen bei Staatschefs und EU-Kommissionspräsidenten, aber natürlich auch in Unternehmerkreisen. Es ist klar: China sowohl in der Analyse als auch in der strategischen Bearbeitung richtig zu behandeln, ist heute eine Staatsaufgabe – und eben auch eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Es geht dabei nicht nur darum, wie man bessere Geschäfte macht und sich geopolitisch klug positioniert, sondern schon ums Eingemachte: um Fragen des Wohlstands und der Sicherheit Europas.
Wie hat die Entwicklung Ihre Arbeit beeinflusst? Sie beraten ja inzwischen sogar die deutsche Regierung …
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