China braucht noch einen EU-Staat, um die E-Auto-Zölle abwenden zu können
Handelsminister Wang verhandelt heute in Brüssel, wo nächste Woche endgültig über die Zölle abgestimmt wird. Drei Länder hat China mit wirtschaftlichem Druck schon auf seine Seite ziehen können.
Es geht um Milliardensummen – aber auch darum, wessen Einfluss auf einzelne EU-Staaten größer ist. Seit die EU-Kommission Anfang Juli vorläufige Strafzölle über in China hergestellte Elektroautos verhängt hat, ist ein Machtkampf zwischen Brüssel und Peking entbrannt – der diese Woche in die heiße Phase übergeht.
Denn die EU-Kommission kann solche schwerwiegenden Maßnahmen nicht im Alleingang beschließen, die aktuellen Strafzölle gelten deshalb nurbis November. Über langfristige Zölle müssen die EU-Regierungschefs abstimmen; das tun sie nächsten Dienstag bei einem entscheidenden EU-Gipfel.
Doch es gibt einen Haken: Um die Zölle beschließen zu können, braucht es eine sogenannte qualifizierte Mehrheit. Das heißt: Mindestens 55 Prozent aller Mitgliedsstaaten müssen dafür sein (also 15 von 27), die zusammen mindestens zwei Drittel der EU-Bevölkerung repräsentieren (65 %).
Umgekehrt bedeutet das: Sind entweder viele kleine oder wenige große Staaten dagegen, kommen die Zölle nicht zustande. Drei Regierungschefs hat China mit wirtschaftlichem Druck schon dazu gebracht, am Dienstag gegen die Zölle zu stimmen. Sollte noch ein großer EU-Staat ins Wanken geraten, wäre die Entscheidung wohl gefallen.
Deutschland, Ungarn und Spanien hat China schon auf seiner Seite
Hier kommt Wang Wentao ins Spiel. Der großgewachsene Handelsminister Chinas verhandelt heute in Brüssel ein letztes Mal mit EU-Vertretern über die Zölle. Das dürfte fruchtlos bleiben.
Entscheidender ist, dass Wang schon seit Montag durch diverse europäische Hauptstädte tourt. Eine bewährte chinesische Taktik: Wann immer die Führung in Peking in Konflikt mit der EU gerät, erhöht sie den Druck auf einzelne Mitgliedsstaaten.
Deutschlands Kanzler Olaf Scholz etwa wird sicher gegen die E-Auto-Zölle stimmen. Zu groß sind die Sorgen vor chinesischen Gegenmaßnahmen gegen die deutsche Autoindustrie.
Sogar Spaniens Premier Pedro Sánchez, im Juli noch einer der stärksten Zoll-Befürworter, ist umgeschwenkt: Nachdem China Strafzölle auf spanisches Schweinefleisch angedroht hatte, flog Sanchez in der Vorwoche nach Peking und erklärte, seine Haltung „überdenken“ zu wollen.
Gemeinsam machen die drei Länder 31 Prozent der EU-Bevölkerung aus; 35 Prozent wären nötig, um die Zölle verhindern zu können. China braucht also noch einen größeren EU-Staat auf seiner Seite. In Rom traf Wang deshalb auf Italiens Außenminister Antonio Tajani, doch der Italiener erteilte ihm eine Abfuhr: „Wir unterstützen die Haltung der Kommission.“
Polen scheint mit seinen 40 Millionen Einwohnern das nächste chinesische Ziel zu sein. Einfach wird das nicht, schließlich war Polens Regierungschef Donald Tusk einst Präsident des EU-Rats, also genau jenes Gremiums, in dem nächsten Dienstag der Showdown stattfindet.
Kommentare