Wie China bei Spaniens Pedro Sánchez eine 180-Wende erzwang
Wie schnell man nicht seine Meinung ändern kann. Noch im Juli stand Spaniens Premierminister Pedro Sánchez stramm an der Seite des französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Die beiden waren die größten Befürworter von europaweiten Strafzöllen auf Elektroautos aus China - die dann auch vorläufig von der EU-Kommission in Kraft gesetzt wurden.
Die Zölle gelten damit vorerst bis November und sorgen dafür, dass in China hergestellte Elektroautos je nach Marke bis zu 38 Prozent teurer sind als zuvor. Damit die Zölle für einen längeren Zeitraum gelten können, muss im Herbst noch eine qualifizierte Mehrheit der EU-Regierungschefs dafür stimmen.
Doch heute, gerade einmal acht Wochen nach der Einführung der Zölle, klingt Sánchez so: "Ich muss ehrlich und offen mit Ihnen sein: Wir müssen das überdenken – wir alle, nicht nur die Mitgliedstaaten, sondern auch die Kommission."
Der Premier sagte das nicht etwa in Madrid, sondern in Peking. Dort befindet sich Sánchez diese Woche auf einem viertägigen Staatsbesuch, gab sich bei Vier-Augen-Gesprächen mit Chinas Führung betont freundlich. Es ist eine spektakuläre 180-Grad-Wende - wie kam es dazu?
China ließ die Muskeln spielen
Sánchez' Regierung bekam die volle Kraft von Chinas wirtschaftlichen Muskeln zu spüren. Denn die Führung in Peking hatte Spanien als schwächstes Glied in der Reihe jener EU-Staaten ausgemacht, die im Herbst für dauerhafte Zölle auf E-Autos stimmen würden.
Unmittelbar nachdem die EU-Kommission die vorläufigen Zölle verkündet hatte, gab Chinas Regierung bekannt, ihrerseits Strafzölle auf billiges europäisches Schweinefleisch einführen zu wollen. Es ist eine Racheaktion, die sich vor allem gegen den weltgrößten Schweinefleisch-Exporteur richtet: Spanien.
Sollte China hier ernst machen, würden der spanischen Landwirtschaft herbe Verluste drohen – und Premier Sanchez als vermeintlichem Verursacher wohl der Zorn der heimischen Schweinebauern. Nicht erst die europaweiten Bauernproteste im Vorjahr haben gezeigt, wie viel Druck dabei auf die Regierenden entstehen kann.
Ein Angebot, das er nicht abschlagen kann
Das Angebot der Chinesen ist klar, auch wenn es nie offen ausgesprochen wurde: Stimmt Sánchez beim nahenden Treffen der EU-Regierungschefs gegen langfristige E-Auto-Zölle, wird Peking auch keine Schweinefleisch-Zölle erheben.
Sánchez hat das verstanden, seine China-Reise ist somit als Versöhnungsbesuch zu verstehen. Als er in Peking von chinesischen Journalisten darauf angesprochen wurde, wie er mit Blick auf die E-Auto-Zölle abstimmen werde, sagte Spaniens Premier deshalb: „Wir wollen nicht noch einen Krieg, in diesem Fall einen Handelskrieg.“
Damit reiht sich Sanchez nun neben Deutschlands Kanzler Olaf Scholz und dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán ein, die sich schon länger strikt gegen E-Auto-Zölle aussprechen.
Orban tut das wegen seines guten Verhältnisses zu China, Scholz aus Sorge vor chinesischen Racheaktionen, die die deutsche Autoindustrie treffen könnten. Insgesamt wird es in den nächsten Wochen wohl 15 Gegenstimmen brauchen, um die Zölle noch abwenden zu können.
China wird nichts unversucht lassen, noch weitere Regierungschefs umzustimmen. Und die Geschichte zeigt: Peking war immer erfolgreicher, wenn es Druck auf einzelne EU-Staaten ausübte, statt auf die EU als Ganzes.
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