CDU-Politiker Wolfgang Schäuble gestorben

CDU-Politiker Wolfgang Schäuble gestorben
Mehr als 50 Jahre lang saß er im Bundestag: Der CDU-Politiker und Ex-Bundestagspräsident ist in der Nacht auf Mittwoch gestorben.

Der CDU-Politiker und frühere Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble ist im Alter von 81 Jahren in der Nacht auf Mittwoch gestorben. Er sei im Kreise seiner Familie zu Hause am Dienstagabend gegen 20 Uhr friedlich eingeschlafen, teilte die Familie am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur mit. Schäuble saß mehr als 50 Jahre lang im deutschen Bundestag, war Minister, CDU-Chef, Fraktionsvorsitzender und Präsident des Deutschen Bundestages. Niemand gehörte dem Parlament länger an als er.

Schäuble wurde am 18. September 1942 in Freiburg geboren. Er studierte Jus, es zog ihn aber früh in die Politik. Schäuble, dessen Vater Karl schon für die CDU im Badischen Landtag saß, trat 1965 in die CDU ein. 1972 errang er erstmals ein Mandat für den Deutschen Bundestag, dem er ohne Unterbrechung bis zu seinem Tod angehörte. Als "ewiger Abgeordneter" wurde er mitunter tituliert. 

Einigungsvertrag mit DDR ausgehandelt

Unter Kanzler Helmut Kohl (CDU) war er zunächst Chef des Bundeskanzleramtes und Bundesminister für besondere Aufgaben, von 1989 bis 1991 deutscher Innenminister. Ein politischer Meilenstein: Schäuble handelte nach dem Mauerfall in der DDR den Einigungsvertrag mit aus.

07. November 1998, Bonn: Der damals neue CDU-Vorsitzende Wolfgang Schäuble gratuliert auf dem CDU-Parteitag in Bonn der soeben zur CDU-Generalsekretärin gewählten Angela Merkel.

07. November 1998, Bonn: Der damals neue CDU-Vorsitzende Wolfgang Schäuble gratuliert auf dem CDU-Parteitag in Bonn der soeben zur CDU-Generalsekretärin gewählten Angela Merkel. 

Am 12. Oktober 1990 schoss ein psychisch Kranker bei einem Wahlkampfauftritt in Oppenau (Baden-Württemberg) auf den CDU-Politiker. Seitdem war Schäuble gelähmt, musste im Rollstuhl sitzen. Seine politische Karriere ging aber weiter: Von 1991 bis 2000 führte er die CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Nach dem Machtverlust der Union 1998 wurde Schäuble im Zuge der Neuaufstellung der CDU Parteichef. Angela Merkel wurde Generalsekretärin.

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In den Turbulenzen der CDU-Spendenaffäre und nach Aussagen zu einer 100.000-Mark-Barspende trat Schäuble im Februar 2000 als CDU-Chef zurück. Merkel wurde Parteichefin, 2005 machte sie als Kanzlerin Schäuble zum Innenminister, vier Jahre darauf zum Finanzminister. Das Amt hatte Schäuble zwei Wahlperioden inne, er schafft die "schwarze Null", also einen Bundeshaushalt ohne neue Schulden.

Trotz gelegentlicher Differenzen - etwa in der Griechenland-Krise - stand Schäuble loyal zu Merkel. Zum Ende ihrer Amtszeit hat er Lob und ein wenig Kritik für sie parat. Bei eine Veranstaltung des Nachrichtenportals The Pioneer sagte er: "Angela Merkel hat uns in 16 Jahren mit unglaublichen disruptiven Veränderungen Stabilität gesichert. Das ist eine große Leistung." Schäuble würdigte ihre Bescheidenheit, ließ aber auch durchblicken, dass er sich gelegentlich entschlossenere Führung gewünscht hätte.

Zweithöchstes Amt im Staat

Nach der Bundestagswahl 2017 wurde Schäuble als Nachfolger von Norbert Lammert zum Bundestagspräsidenten gewählt, das zweithöchste Amt im Staat. Beim Umgang mit einer starken AfD-Fraktion wählt er klare Worte, aber keinen zu rauen Ton. Erfolglos bleibt hingegen sein Bemühen um eine Wahlrechtsreform, um die weitere Aufblähung der Abgeordnetenzahl zu verhindern. Er scheitert an den eigenen Reihen.

Das höchste Amt im Staat, das des Bundespräsidenten, blieb Schäuble verwehrt.

Nach der von der Union verlorenen Bundestagswahl 2021 zog sich Schäuble aus den Führungsgremien zurück, stieg aber anders als die Kanzlerin nicht aus der Politik aus: Er kandidiert erneut für den Bundestag und holte in seinem Wahlkreis Offenburg (Baden-Württemberg) wieder das Direktmandat. Er bleib einfach Abgeordneter.

2022 wurde er für seine 50-jährige Tätigkeit im Parlament geehrt. In seiner Rede als Alterspräsident - jener Abgeordnete mit den meisten Dienstjahren - warb er für offenen Diskurs und selbstbewusste Abgeordnete. Schäuble sah sich als "Parlamentarier mit Leib und Seele", wie er selbst einmal sagte.

Wolfgang Schäuble wird während einer Sitzung des Deutschen Bundestages für seine 50-jährige Mitgliedschaft im Parlament in Berlin am 15. Dezember 2022 geehrt.

Wolfgang Schäuble wird während einer Sitzung des Deutschen Bundestages für seine 50-jährige Mitgliedschaft im Parlament in Berlin am 15. Dezember 2022 geehrt.

In seiner Partei zählte Schäuble eher zu den konservativen Politikern, hinter den Kulissen hatte sein Wort stets Gewicht. Auf der anderen Seite hatte er früher als andere die CDU zur Offenheit für Bündnisse mit den Grünen aufgerufen. Schon 2007 sagte er der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: "Schwarz-Grün ist nicht unser Wunsch, aber eine Option für die Union." Im Ringen um die Kanzlerkandidatur 2021 schlug sich Schäuble auf die Seite des damaligen CDU-Chefs Armin Laschet und stellte sich gegen CSU-Chef Markus Söder.

Festredner bei Parlamentseröffnung in Wien

Zuletzt war es ruhig geworden um Schäuble, der CDU-Politiker wollte mehr Zeit mit seiner Familie verbringen, so Medienberichte.

CDU-Politiker Wolfgang Schäuble gestorben

Wolfgang Schäuble und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) bei der Eröffnung des sanierten Parlaments am 12. Jänner 2023 in Wien.

Vor knapp einem Jahr, im Jänner 2023, war Schäuble zu Gast in Wien als Festredner bei der Eröffnung des sanierten Parlaments. In seiner damaligen Rede sorgte sich Schäuble über die zunehmende Spaltung der Gesellschaft und den gebräuchlichen Politikstil. Hier können Sie die Rede im Wortlaut nachlesen.

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