"Sehen Sie nach Österreich": 20 Prozent sind der AfD nicht genug

"Sehen Sie nach Österreich": 20 Prozent sind der AfD nicht genug
Die AfD ist die große Siegerin dieser Wahl. Ein Besuch dort, wo die Partei sich feiert - und ihre Vorstellungen für ein anderes Deutschland zelebriert.

Als die Moderatorin die Prognose verliest, jubeln zuerst alle. Die SPD ist runtergerasselt, raus aus dem Kanzleramt. Als die AfD drankommt, kurz später, wird auch geklatscht, aber braver: Die Partei liegt bei etwa 20 Prozent, landet am Ende bei 20,8 Prozent. Das ist viel. Aber noch nicht genug.

„Wir haben uns als Volkspartei fest verankert“, sagt AfD-Chefin Alice Weidel ein paar Minuten später, als sie auf der Bühne steht, im Publikum jubeln ihr Björn Höcke, Beatrix von Storch zu. Platz zwei vor der SPD, davon wagte man vor vier Jahren nicht zu träumen; da lag die AfD, abgelegen im rechten Eck, noch bei etwas mehr als 10 Prozent. Jetzt will sie raus aus dieser Schmuddelecke, und das schon länger: „Wir sind bereit. Unsere Hand ist ausgestreckt“, sagt Weidel in Richtung Union.

Bundestagswahl 2025

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Freilich, im Konrad-Adenauer-Haus will keiner wirklich mit den Extremen, nicht mal mehr anstreifen will man nach dem gemeinsamen Anti-Migrations-Beschluss. Aber bei der AfD hofft man auf die Macht des Faktischen: Sie repräsentiert jetzt ein Fünftel der Wähler. Und verschwindet nicht mehr.

„Wie in Österreich“

Das Vorbild ist dafür, wie so oft, der Nachbar im Süden. „Sehen Sie nach Österreich“, sagt Vize-Bundessprecher Stephan Brandner zum KURIER. „Da hat die ÖVP auch ausgeschlossen, mit der FPÖ zu reden. Und dann hat sie es doch getan.“ FPÖler lassen sich heute allerdings keine blicken, warum auch immer.

Hoffnung auf Mandats-Viertel

Brandner ist ein Intimus von Björn Höcke, dem wohl prominentesten Rechtsaußen  der Partei, auch gegen ihn wird und wurde schon ermittelt. In Thüringen, der Heimat der beiden, seien die Wähler enttäuscht gewesen, sagt er; dort habe man ja gesehen, wie „ein Durchmarsch“ funktioniere. Die AfD war da bei der Landtagswahl auf Platz eins.

Brandner hofft, dass die AfD in Mandaten auf 25 Prozent kommt. Dann hat sie das Recht, U-Ausschüsse einzuberufen, und kann damit den anderen Parteien das Leben schwer machen. Brandner hätte dazu schon Ideen: „Corona, diese Nordstream-Lügengeschichte, die Grenzöffnung 2015.“

Mehr Geld für die AfD

Laut den ersten Hochrechnungen dürfte sich das nicht ausgehen. Doch auch ohne diese Macht im Bundestag wird  die AfD ein Problem für die anderen, da sind sich alle einig, die Konkurrenz ebenso wie Experten. Sie bekommt deutlich mehr Geld aus der Parteienfinanzierung, und dazu gibt es so etwas wie  einen Dominoeffekt: Vor ein paar Jahren habe der Stempel „rechtsextrem“ noch abgeschreckt, „jetzt finden viele Leute nichts dabei, dass die AfD rechtsextrem ist“, sagt Demokratieberater Markus Klein. Wählt mein Nachbar AfD, ist es für mich auch leichter , könnte man sagen

Salonfähig ist die AfD damit  aber noch lange nicht, auch wenn man das hier in der Bundeszentrale  glauben möchte. Nach der Haus für die Parteizentrale  hat man jahrelang gesucht; doch nicht jeder will einen Mietvertrag mit der AfD oder sie zum Nachbarn, vor allem nicht in Berlin. Draußen vor der Tür stand die ganze Zeit  ein Bus, aus dem ein liebliches „Scheiß AfD, scheiß AfD“ trällerte. 

Drinnen haben sie das übertönt. Aber da ist man sowieso in der Gegenwelt.
 

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