Vergangene Woche war von Wählertäuschung die Rede. Zuerst veröffentlichte das Finanzministerium (BMF), dann die Wirtschaftsforschungsinstitute WIFO und IHS ihre neuen Budgetprognosen für 2024. Der Ausblick: sehr düster. Österreich wird die EU-Maastricht-Kriterien, die ein Defizit von maximal drei Prozent des BIP vorschreiben, klar verfehlen. Das BMF kommt auf ein Minus von 3,3 %, IHS und WIFO sogar auf 3,5 bis 3,7 %.
Wurden hier bewusst bis kurz vor der Wahl Zahlen unter Verschluss gehalten? Wohl kaum. Die neuen Berechnungen von WIFO und IHS kamen auch in den vergangenen Jahren immer Anfang Oktober – und die Nationalratswahl fand eben am 29. September statt.
EU-Regeln sehen Sparpaket vor
Dennoch hätte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP), der sich als Migrationskommissar nach Brüssel verabschiedet, die Warnungen des Fiskalrats ernster nehmen können. Die Budgetwächter prognostizierten den negativen Trend bereits im April – und ernteten postwendend Kritik vom BMF.
Die EU dürfte Österreich nun einen Pfad bis 2028 vorgeben, der jährlich rund drei Milliarden Euro an Einsparungen vorsieht. Wird dieser nicht eingehalten, droht ein Defizitverfahren samt Strafzahlungen – theoretisch. Dazu kam es nämlich noch nie. Und da mehrere EU-Länder mit noch größeren Schulden kämpfen, bleibt es unrealistisch. Doch abgesehen davon: Wo könnte Österreich sparen?
- Förderungen: Um die Klimaziele der EU einzuhalten, hat sich Türkis-Grün im Klimaplan (NEKP) dazu verpflichtet, klimaschädliche Förderungen zu streichen. Ein großer Brocken wäre die niedrigere Mineralölsteuer auf Diesel, die Nichteinnahmen von mehr als eine Milliarde pro Jahr bedeutet. Das WIFO empfiehlt zudem eine Abschaffung des Klimabonus, der zwei Milliarden kostet. Die komplexere Abschaffung von Mehrfachförderungen könnte auch noch Milliarden bringen.
- Budgeterstellung: Die ÖVP schlägt ein „Zero-Based-Budgeting“ vor, Ökonomen halten das prinzipiell für positiv. Heißt: Alle Ausgaben sollen vor der nächsten Budgeterstellung auf ihre Sinnhaftigkeit überprüft werden. Einsparungen von 3,5 Milliarden, wie von der ÖVP verkündet, dürfte das laut Experten aber bei Weitem nicht bringen.
- Steuern: Die SPÖ ist dafür, die Körperschaftsteuer wieder zu erhöhen und Vermögenssteuern einzuführen. Beides lehnen ÖVP und Neos ab – sollte es zu dieser Dreierkoalition kommen. Bei Erbschaftssteuern, die laut SPÖ-Modell bis zu 800 Millionen Euro pro Jahr bringen, deutete Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger im Wahlkampf immerhin Gesprächsbereitschaft an.
- Pensionen: Nichts belastet das Budget strukturell so stark wie die Zuschüsse ins staatliche Pensionssystem. Eine Anhebung des gesetzliches Antrittsalters schließen ÖVP und SPÖ aktuell aus, ein Aussetzen der gesetzlichen Pensionsanpassung auch. Die Abschaffung vorübergehender, außertourlicher Maßnahmen, würde immerhin rund 100 Millionen Euro pro Jahr bringen. Dazu zählt etwa die aktuell ausgesetzte Aliquotierung.
- Bildungskarenz: Die Kosten für die Bildungskarenz sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen, auf 515 Millionen Euro im Jahr 2023. Nur: Von der Maßnahme profitieren kaum Niedrigqualifizierte und laut WIFO hat sie gar einen moderaten, negativen Effekt auf die Beschäftigung. ÖVP und Neos drängen auf eine Reform.
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