London prahlt mit besserem Vertrag mit Astra Zeneca

Britischer Gesundheitsminister Hancock: Für Briten dank exzellentem Vertrag mit Astra Zeneca alles wunderbar
Jetzt haben wir es schwarz auf weiß: Großbritannien wird vom Impfstoffhersteller bevorzug behandelt. Das sagt Minister Hancock.

Europas Staats- und Regierungschefs wird heute bei der Lektüre der Financial Times die Galle übergehen. Über die renommierte Zeitung lässt der britische Gesundheitsminister Matt Hancock die EU wissen, dass die Briten sich beim Impfstoffhersteller Astra Zeneca eine bevorzugte Behandlung gesichert haben. Sie hätten einfach besser verhandelt als die Europäer.

„Unser Vertrag übertrumpft deren. Das nennt sich Vertragsrecht und ist eindeutig", sagte der Brite zum Streit zwischen der EU und Astra Zeneca über gekürzte Liefermengen. Die EU habe hingegen einen Vertrag, der lediglich „beste Bemühungen“ seitens des Impfstoffherstellers zusichere, London habe sich hingegen Exklusivität ausbedungen, prahlte der Minister.

London prahlt mit besserem Vertrag mit Astra Zeneca

Hancock warnte Brüssel auch explizit davor, Exportbeschränkungen für Impfstoffe zu verhängen. Das wäre ein "schwerer Fehler", so der konservative Politiker. „Ich glaube daran, dass freie Handelsnationen sich an das Vertragsrecht halten“. In einer protektionistischen EU würde sich künftig kein Unternehmen aus dem Bereich der Biowissenschaften dann mehr niederlassen. „Von Großbritannien aus können Sie überall in die Welt exportieren - dem werden wir niemals einen Riegel vorschieben“.

Ärger über Ärger

Hancocks Spott und das weitere Vorgehen der Europäer gegenüber Astra Zeneca  wird für viel Gesprächsstoff beim EU-Gipfel sorgen, der am Donnerstag Nachmittag beginnt. Im Zentrum steht einmal mehr das Problem der Impstoffknappheit - nicht nur, aber auch wegen Astra Zeneca. Das britisch-schwedische Unternehmen hatte seine Lieferzusage mehrmals drastisch gekürzt und auf Schwierigkeiten bei der Produktion hingewiesen.

Großbritannien ist davon aber kaum betroffen. Die EU beklagt, dass bisher zwar Millionen von Impfstoffdosen in den vergangenen Monaten vom Kontinent nach Großbritannien geliefert wurden, aber so gut wie nichts in die entgegengesetzte Richtung gegangen ist. Hancock nannte die Gespräche mit der EU darüber „kooperativ, praxis-orientiert und kollaborativ“.  Ob das nach seiner Prahlerei über den besseren Vertrag so bleibt, ist abzuwarten.

Für große Verärgerung hat erst am Mittwoch der Fund von 29 Millionen nicht an die europäischen Vertragspartner ausgelieferten Astra Zeneca-Impfdosen in Italien erregt. Das Unternehmen versuchte zu beruhigen: Es handle sich um verschiedene Kontingente des Impfstoffs, die auf die Freigabe durch die Qualitätskontrolle warteten. Davon seien 13 Millionen Dosen für arme Länder im Rahmen des Covax-Programms bestimmt. Sie seien außerhalb der EU hergestellt und in dem Agnani-Werk in Fläschen abgefüllt worden. Weitere 16 Millionen sollten davon ohnehin nach der Freigabe nach Europa gehen, ein großer Teil davon noch im März.

Exportkontrollen

Das Vertrauen der Europäer ist erschüttert, die Lieferverzögerungen  nagen an den Nerven. In der EU gewinnt die Impfkampagne gegen das Coronavirus kaum an Fahrt. Wie es schneller gehen kann, darüber beraten die EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag bei ihrem Video-Gipfel . Schon am Mittwoch beschloss die Kommission eine deutliche Verschärfung der Exportkontrollen.

Ausfuhrsperren sind nun auch möglich, wenn das Zielland selbst Impfstoff produziert, aber nicht exportiert, und wenn die Impfrate dort über der in der EU liegt - beides trifft auf Großbritannien zu. Deutschland warnt allerdings vor möglichen Vergeltungsaktionen.

"Korrekturmechanismus"

Innerhalb der EU-Riege wird der von Österreich und fünf  weiteren EU-Ländern geforderte „Korrekturmechanismus“ Funken schlagen: Österreich, Tschechien, Slowenien, Bulgarien, Kroatien und Lettland beschwerten sich, bei der Impfstoffverteilung "benachteiligt" worden zu sein. 

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schlug daraufhin vor, zehn Millionen Dosen des Impfstoffs von Biontech/Pfizer, die nun vorgezogen im zweiten Quartal geliefert werden, für einen Ausgleich zu nutzen.
Bisher konnten die Mitgliedstaaten aber noch keine Einigung dazu erzielen.

Sputnik ordern

Auch der russische Impfstoff Sputnik V sorgt für innereuropäische Divergenzen. Das russische Vakzin ist noch nicht in der EU zugelassen, aber Deutschland drängt darauf, schon jetzt in Russland Millionen Impfdosen zu ordern, um keine Zeit zu verlieren.
Bisher hat die EU 2,6 Milliarden Impfdosen bei sechs Herstellern geordert.

Zumindest Ungarn, die Slowakei, Tschechien sowie Italien verimpfen den russischen Impfstoff bereits oder wollen es bald tun. Auch Österreich hatte mehrere Kontakte mit Russland, Voraussetzung für Lieferungen nach Österreich sei aber eine EU-Zulassung, betonte Bundeskanzler Sebastian Kurz.

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