Vertragsklausel aufgetaucht: Hat Astra Zeneca die Briten bevorzugt?

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Sowohl im Vertrag mit der EU als auch in jenem mit Großbritannien ist eine "Best Effort"-Klausel enthalten. Pünktlich beliefert wurde vor allem Großbritannien.

Hier die flinken Briten, da die schwerfällige Europäische Union, die nicht nur zu lange bei der Impfstoff-Zulassung gebraucht hat, sondern überhaupt auch viel zu spät bestellt hat. 

Das war bisher die Erklärung, wenn man vom europäischen Festland neidisch auf den Impferfolg der ehemaligen Weggefährten in Großbritannien blickte. 

Wie eine Recherche des Senders CNN nun zeigt, dürte die Erklärung so einfach aber nicht sein. 

Denn der Vertrag Großbritanniens mit dem Impfstoff-Hersteller Astra Zeneca ähnelt laut CNN jenem der Europäischen Union mit Astra Zeneca über weite Strecken.

"Best Effort"-Klausel auch bei Briten

In beiden ist dem Bericht vom Donnerstag zufolge eine "Best-Effort"-Klausel enthalten, also die Verpflichtung, sich im besten Sinne um die Einhaltung der vereinbarten Liefermengen zu bemühen. Und doch gab es - anders als in der EU - in Großbritannien bisher keine Lieferengpässe diesen Impfstoff betreffend.

Zuvor war spekuliert worden, dass die Klausel für die Kürzungen der Lieferungen von Astra Zeneca an die EU-Länder verantwortlich sein könnte. Nun aber ist an der CNN-Recherche auch die Information brisant, dass eine in Teilen geschwärzte Version des britischen Vertrags bereits seit Ende November online verfügbar sein soll - allerdings unter einem schwer auffindbaren Link.

Der Geschäftsführer von Astra Zeneca, Pascal Soriot, gab gegenüber La Repubblica an, dass sein Unternehmen zugestimmt habe, Großbritannien vor anderen Märkten zu beliefern. Das sei "nur fair", da Großbritannien früher als die EU eine Vereinbarung mit Astra Zeneca getroffen habe.

Doch: Der Vertrag zwischen Astra Zeneca und der Regierung des Vereinigten Königreichs wurde am 28. August 2020 unterzeichnet. Jener mit der EU bereits am 27. August.

Die britische Regierung hatte dem Sender diesen schwer zu findenden Link als Antwort auf eine Informationsfreiheitsanfrage zugeschickt, nachdem sie zuvor die Veröffentlichung des Vertrags wiederholt abgelehnt und sogar als nationales Sicherheitsrisiko bezeichnet hatte. Wie und weshalb die bearbeitete Version des Vertrags trotzdem über Monate unbemerkt im Internet stehen konnte, blieb zunächst offen.

 

Die ungleiche Versorgung Großbritanniens und der EU hatte in den vergangenen Wochen erheblich zu Spannungen zwischen beiden Seiten beigetragen. Astra Zeneca-Chef Pascal Soriot hatte die schnelleren Lieferungen an Großbritannien mit dem deutlich früheren Abschluss des Vertrages verteidigt. Die EU hatte damals ihren eigenen Vertrag mit Astra Zeneca - teils geschwärzt - im Internet veröffentlicht.

Weil die EU ankündigte, Exporte von Impfstoffen stärker zu überwachen, war sogar Streit über die brisante Nordirland-Frage entbrannt: Zunächst klang es so, als wolle die EU Kontrollen an der irisch-nordirischen Grenze in Kauf nehmen. Zwar ruderte Brüssel in dieser Frage schnell zurück, doch die Spannungen dauerten an.

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